A» <8. v. Zuttner.
15
„Lado, 18. Januar 1875. Trotz der kurzen Zeit unserer Trennung hätte ich Ihnen Vieles, Vieles mitzutheilen. Zahlreiche Projecte wegen meiner Reise wurden gemacht und, eben so schnell dieselben entstanden, wieder verworfen. Träger an Atrusch (Makraka) zu erhalten, stellte sich als Unmöglichkeit heraus, so daß ich schon beschlossen hatte, hier zu warten, bis Atrusch (Gordons Vakil in Morn) käme. Heute früh erhielt ich ein Schreiben von Colonel Gordon des Inhalts, daß er mir vorder Hand abrathe, zu Atrusch zu gehen, und mir dafür Mtesi Vorschläge. Zu diesem geht, wie Sie wissen, Linant; — Speke und Grant waren dort und ebenso Colonel Long, es würde also kaum beträchtlich Neues ergeben, so daß ich vorläufig äußerte, nur nach einer der letzten Stationen am Flusse kommen zu können, und von dort aus dann sehen würde, was sich weiter thun läßt. — Ich gehe daher mit den Leuten Woad el Meks, mit Herrn Chippendal und Watson vorläufig nach Dufile (Dusle), und zwar weil mir keine andere Wahl bleibt, und ich diese Gelegenheit, wenigstens von hier sortzukommen, nicht unbenützt vorüber gehen lassen will.
Ich sehe daraus nur wieder, was ich immer behauptete, daß man durch Verhältnisse und Umstände zu Dingen bewogen werden kann, welche man aus freiem Willen nicht vollsühren würde. Das Verbum „reisen" ist hier zu Lande passiv, — man wird gereist, — das unabwendbare Factum ist wieder einmal so recht sichtbar zu Tage getreten.
Ich soll übermorgen abgehen, und die Kisten*), welche sich für mich aus dem Mansura (Dampfer) befinden, werden mich kaum mehr hier erreichen, vielleicht in Redjaf, wo wir einige Tage bleiben werden. So viel ich bisher gehört, wird es vor einem Jahre kaum möglich sein, zurückzukommen oder etwas hören zu lassen; wollen Sie daher so gütig sein, Sr. Exellenz Herrn von Hosmann und Ritter von Becker dieses mitzutheilen; an Ersteren hat Colonel Gordon einen großen Brief geschrieben. Inhalt? — — —
?. 8. 19. Januar. Abermals ist meine Abreise verschoben worden und zwar auf übermorgen, oder einen der nächsten Tage. Nachdem Woad el Mek (Vakil in Fatika) von oben abgegangen war, machte Kabrega, verstärkt durch die in seinem Gebiet noch weilenden Danagla (Dugolani), einen Angriff auf Fauera, wurde aber zurückgeschlagen. Gordon will nun alle Danagla nach Chartnm senden. Marno."
„Lado, 28. Januar 1875. Ich ging am
*) Ein Kistchen Wein, ein Kistchen Cigarren und ein Kistchen Wollhemden, welche Herrn Marno nach seiner Abreise von Chartnm nachgeschickt wurden.
22. Januar von Lado zu Fuß nach Redjaf mit Herrn Chippendal und Watson und kam am 23. Mittags dort an. Schon den nächsten Tag bekam Herr Chippendal einen Brief von Colonel Gordon, worin eine Stelle vorkommt, welche folgendermaßen lautet: „Sage Marno, daß ich erfahren habe, daß er Woad el Mek Bakschisch gegeben, damit dieser ihm drei Kisten (die mit dem Dampfer Mansnra gesandten) hinaufbringe und daß ich mit seinem Betragen sehr unzufrieden bin. Ich hoffe, daß sein Aufenthalt in meiner Provinz von Kürze sein werde." — (In einem Briefe an den „Telegraphen- Jngenieur" sagt Gordon, daß Marno ein sehr bescheidener Mensch sei und keinerlei Ansprüche mache.) —
Ich konnte auf eine solche Aenßernng gewiß nichts Besseres thun, als wieder nach Lado zurückzukehren, um von hier nach Chartnm zu gehen. Leider ist aus dem Dampfer, mit welchem Herr Watson und wahrscheinlich auch Herr Chippendal absührt, kein Platz; ich muß also aus die Sasia warten, die demnächst ankommen soll. Colonel Long meint auch, daß, da Colonel Gordon nach dem Sobat gegangen ist, es besser sei, ihn früher von diesem meinem Entschluß zu benachrichtigen, was ich gethan. Ich warte nun hier auf die nächste Gelegenheit, um abznfahren. — Bitte, Herrn Hofrath von Becker hiervon zu benachrichtigen.
Marno."
„Lado, 29. Januar 1875. Eben gestern erhielt ich wieder einen Brief von Colonel Gordon wegen der leidigen Geldangelegenheit.*) Ich bedauere sehr, die 500 Thaler behoben zu haben, da die Sache solches ganz überflüssiges Gerede macht. Entweder hatte ich hierzu das Recht und zwar auf Anweisung des Khedive — oder nicht. Ist Erste- res der Fall, so geht es Colonel Gordon gar nichts an, — ist dies nicht der Fall, so nehme ich es auch vom Colonel nicht mehr an. Mir ist die Sache sehr unlieb, und um so mehr, nachdem ich nach dem Inhalt des Briefes, welchen Herr Watson Ihnen übergeben wird (der vorige Brief), unmöglich länger bei Colonel Gordon verweilen kann. Ich bitte Sie recht sehr, schlichten Sie die Angelegenheit; im äußersten Falle bitte ich, die 500 Thaler an Ali-Effendi zurückzustellen; vielleicht reicht die Summe, welche ich in Napoleon d'or in Chartnm ließ, aus; da ich sie jedoch nicht gezählt, weiß ich es nicht.**) Ich habe gehört, daß Colonel Gordon nach Chartnm kommt. Bitte ferner, die ganze Angelegenheit Herrn Hofrath von Becker und Herrn von Hofmann zu schreiben, damit wir diesen
*) Siehe Aufklärung weiter unten.
**) Marno hat in Chartnm 78 Napoleon d'or depo nirt.