Heft 
(1.1.2019) 01
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Wilhelm Zeusen.

ihrer Fürstenthümer verlustig gesprochen und die letzteren seinem Generalissimus Albrecht von Wald­stein, als neuemHerzog von Mecklenburg" ver­liehen. Dieser befand sich mit seiner siegreichen Armee rasch im Besitz der ihm zugetheilten Lande und brach gleichzeitig mit seiner Heermacht in das Herzogthum Pommern des schwach-unschlüssigen Herzogs Bogislaw XIV. ein. Einen Vorwand dazu lieferte, daß im Jahre vorher der König Gustav Adolf von Schweden mit gelandeten Truppen durch Pommern nach Preußen gezogen war. Dafür legte der kaiserliche Feldhauptmann den pommerschen Städten und Landen als Strafe unerschwinglich hohe Contributionen auf und forderte eine solche im Be­trag von 150 000 Thalern oder Oeffnung der Thore für den Einzug einer Besatzung auch von Stralsund, der Hauptstadt des Herzogthums Pommern Wolgast. Stralsund indeß, auf seine, von der Natur stark befestigte Lage bauend, besaß von sämmtlichen Städten des Nordens allein den Muth, Beides zu verweigern und einem Angriff und jedenfalls schrecken­voller Eroberung durch die gewaltige Wallensteinffche Truppenzahl entgegen zu sehen. Als jahrhundertlange ruhmreiche Genossin derdeutschen Hansa" wandte die schwer bedrängte Stadt sich um Beihülfe an die Mit­angehörigen des alten, dem Namen nach immer noch bestehenden Schutz- und Trntzbnndes. Aber die Hansa" war eben nur mehr ein Name aus großer Vorväterzeit, ein hallendes Wort ohne Inhalt, ein Nebelphantom gleich demfliegenden Holländer", bei der Berührung wesenlos zergehend. Alle Nothhülfe der ehemals mächtig aus der Ostsee gebietenden Städte desWendlandes" beschränkte sich aus ein zaghaft- demuthvolles Fürbittschreiben an die kaiserlichen Feldherren Tilly und Wallenstein und auf eine unter der Hand nach Stralsund gesandte Darlehns­summe von 5000 Thalern, mit der die Verleiher ein nützliches Geschäft zu machen erhofften, da sie sich fünf Prozent jährlicher Zinsen ausbedangen. Von der Hansa hatte sich nichts weiter erhalten, als daß ihre Mitglieder noch gut rechnende Kaufleute geblieben.

So umschloß Albrecht von Wallenstein im Som­mer 1628 mit seinem Belagerungsheer Stralsund. Dies hatte sich jedoch nicht sinnlos tollkühn auf sein Wagniß eingelassen, denn es befand sich in der That gegen den Angriff durch eine Landarmee außerordentlich geschützt. Von Norden durch Osten bis nach Süden hinunter deckte der Gellen oder Strela-Sund die Stadt, doch auch auf der Land­seite dehnte sich vor den Mauern ringshin ein breiter Gürtel von großen Teichen und Sümpfen und er­schwerte dem Feinde in hohem Maße die Annähe­rung. Was es hieß, ohne Schisse über das Wasser siegen zu wollen, war dem neuen Herzog von Mecklen­burg aber schon fatal bekannt geworden. Vor ihrer kühnen Vereinzelung der ganzen Reichsgewalt gegen­

über doch erschreckend, hatten die Stralsunder im An­fang eingewilligt, eine geringere Contribution zu er­legen und die vor ihrem Hasen befindliche kleine Insel Dänholm, die früher Strela geheißen, den Kaiserlichen einzuräumen, jedoch unter der Beding­ung, daß die letzteren dort keine Besestigungswerke errichten sollten. Da diese Vertragsclausel indeß sofort gebrochen worden, hatte die Stadt mit ihren Schiffen den ans das Eiland übergesührten Truppen alle Lebensmittelzufnhr unterbunden, so daß sie froh gewesen, unverhungert an's Festland zurückgelangeu zu dürfen. Das war der Belagerung als Vorspiel voraufgegangen, begreiflicher Weise nicht ohne den leicht reizbaren Zorn Albrecht Wallensteins zu höch­sten Grimm aufzustachelu, der sich in seinem Schwur kundgab, er werde Stralsund erobern, selbst wenn es mit Ketten au den Himmel befestigt wäre. Was daun der Stadt bevorgestanden hätte, davon legte um drei Jahre später das grauenvolle Schicksal Magdeburgs beredtes Zeugniß ab, doch auch ohne diese Erfahrung war es bereits Niemandem zwei­felhaft.

Stralsund besaß aber einen unsraglich noch verläßlicheren Bundesgenossen, als den Himmel, und der war das Meer. Und wenn die bedrohte Stadt von den alten Hansagenossen feig und schimpflich verlassen worden, so gab es doch noch andern Beistand für sie, um den sie in ihrer Noth nicht vergeblich warb. Sie schloß ein Bündniß mit den Königen Gustav Adolf und Christian IV. ab, und schwedische und dänische Schiffe brachten ihr Unterstützung an Mannschaft, Kriegsmaterial und Lebensbedürfnissen. Mit letzteren versorgte sie obendrein die große, fruchtbare Nachbarinsel Rügen, die, durch den Sund beschützt, allein von allen pommerschen Landen der Verheerung bisher ent­ronnen.

Und dergestalt war es Stralsund sommerlang gelungen, sich unversehrt seiner ungeheuren Be­drängerschaar zu erwehren; vor ohnmächtiger Wuth knirschend aber erkannte Wallenstein immer deut­licher, daß es ihm unmöglich fallen werde, seinen Schwur einzulösen, wenn er nicht im Stande sei, die Stadt auch von dem feuchten Antäusbodeu, ihrer Kraft, dem Meere, abzuschneiden. Bis jetzt war es nichts, als ein hochtönendes Wort, daß der Kaiser ihn zugleich mit dem Herzogshut von Mecklenburg zumGeneral des oceanischen und baltischen Meeres", sowie zumGeneralcapitän der Armada und ihrer Mannschaft" ernannt hatte, denn er war beides nur nach dem Vorbilde der Erz­bischöfe ln pÄi'til)n8 inüäsUnni, und es schwamm keine kaiserliche Jolle, noch Nußschale auf den Wellen der Ostsee. Doch nun warf der Friedländer sich mit rascher und jäher Energie auf die Herstel- ! lung einer Flotte, die seine leeren Admiralstitel