Heft 
(1.1.2019) 01
Seite
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Allgemeine Rundschau.

Horn, Eichendorff, Pocci u. A. illustrirenden Zeichnungen auch sind, die uns den Kinderschutzengel in mannichfacher Thätigkeit zeigen. Ist dies Buch für sinnige Mädchen auch ganz geeignet, so glauben wir doch, daß selbst bei ihnen die Erziehung weit besser thun würde, Humor und Schalkhaftigkeit zu pflegen, als die Sentimentalität, und sie dadurch unendlich anziehender und vor allen Dingen glücklicher und zufriedener machen wird. Fr. Pecht.

Zu unseren Illustrationen.

Studienkopf. Nach einem Gemälde von L. Knaus. Der vollendet schöne Mädchenkopf von L. Knaus, den wir unseren Lesern in diesem Hefte als Licht­druck-Kunstbeilage vorführen, befindet sich im Privatbesitz unseres künstlerischen Leiters, Herrn Alfred Hau­schild in Dresden, aus dessen Galerie wir unsere Leser noch durch manches schöne Cabinetstück erfreuen werden.

An der holländischen Küste. Nach dem Ge­mälde von H. Grobe. Hoch auf dem Kamm der Dünen standen die Frauen der Fischer, ihre Kleinen an der Hand haltend, umweht vom scharfen Nordwest, der ihre Kopf­tücher gleich Fahnen emporflattern ließ, der über Nacht mit wildem Toben an dem Gebälk der Hütten gerüttelt und den sprühenden, salzigen Gischt weit über sie hinweg in's Land hineingeweht.

Manch' innig frommes Gebet war von den Lippen der daheim gebliebenen Strandbewohner emporgestiegen zu Dem, der allein dem Toben des Sturms, dem dräuen­den Wellendrang Halt gebieten kann, manche Bitte aus tiefinnerstem Herzen.

Und als es kaum im Osten graute, waren sie hinaus­geeilt, alle alle, Weiber und Kinder; und sie legten die Hand über das Auge, um es gegen die glührotste Fluth der Sonne zu schützen, deren feuriger Ball eben über der glitzernden, strahlenden Meeresfläche emportauchte; nichts nichts, eine weite, wogende Wasserwüste, schaumgekrönte, zu ihren Füßen grollende und zerstiebende Wogen, kein Segel zu sehen, bis dort, wo das Firmament sich mit dem smaragdgrünen Spiegel vermählt.

Seufzen und Stöhnen ringsum: denn die Bewohner der Küste sind schweigsam. Sie fühlen es darum nicht weniger tief, was ihr bangendes Herz bewegt; aber sie sagen's nicht, sie rufen ihren Kummer, ihre Sorgen nicht in alle Welt hinaus, weil sie allein sich stark genug fühlen, auch das schwerste Herzeleid zu tragen.

Und ernster, sorgenvoller werden die Mienen. Anr Abend sind die Väter, die Brüder hinausgezogen zum Fischfang auf hoher See; sie müßten schon heim sein, wenn der Sturm nicht die schwachen Böte zurückgehalten, wenn er sie nicht vielleicht gar zertrümmert hat und mit ihnen die Hoffnung der Wartenden.

Ein leiser Schrei, ein Jubelruf, ein Durcheinander von Stimmen; erst einzeln waren die Laute von den Lippen gekommen, jetzt tönt es im Chor, alle Zurückhaltung ist gewichen, die Augen strahlen, und das Roth ist zurück­gekehrt auf manche surchtblasse Wange.

Wie der Hirte unter den tausenden ein einzelnes Schaf erkennt, so genügt dem Küstenbewohner ein kleiner Streif eines Segels, um daran das Boot zu erkennen, welches die Lieben zum heimatlichen Herde trägt. Bald ist der Strand verlassen, und kräuselnde Rauchwolken über den traulichen Hütten künden dem nahenden Fischer, daß treue Sorge seiner wartet.

Segel auf Segel, gleich Möven schweben sie heran; hoch spritzt der salzige Gischt vor dem weitgebauchten Bug der Böte, die den Segen der mühevollen Nachtarbeit heim­tragen. Die Brandung über der vor dem Strande lie­genden Sandbank hat der erste 'Segler erreicht, gleich dem flüchtigen Renner hüpft das leichte Fahrzeug darüber hin,

im nächsten Augenblick knirscht der Sand unter dem Kiel, die Segelleine ist gelöst, klatschend schlägt die schwere Lein­wand gegen den Mast. Und nun steigt der Fischer über den niedrigen Bord; der eiserne Anker an dem zähen Tau ruht auf seiner Schulter; schwer schreitend unter der Last, im knietiefen Wasser, das hoch unter seinen Schritten aufspritzt, strebt er dem Lande zu, in dessen wurzeliges Erdreich er die widerhakigen Zacken schlägt.

Er ist daheim; daheim, um wieder hinauszuziehen zu schwerer gefahrvoller Arbeit, wenn der Sonnenball im West in den Ruthen versinkt. Ein Tag, wie alle Tage; bis vielleicht ein Morgen kommt, wo das Auge der Liebe vergeblich seiner wartet, bis er der tückischen Meeresgöttin seinen Tribut gezollt. Id.

Vom Markte zurück. Nach dem Gemälde von E. Thiel. Sie waren Beide arm, aber sie liebten sich von ganzem Herzen, und die schmucke Marie Myn- gaden hatte Vater und Mutter so lange bestürmt, bis dieselben endlich ihre Einwilligung zu der Heirat mit Jan Teerhegen gegeben. Nachdem der erste Jubel der Liebenden verrauscht, hieß es aber die Aussteuer besorgen, und das war nicht leicht, wenn die Ansprüche auch noch so gering gestellt wurden. Marie's Eltern besaßen nichts, als ein kleines Häuschen im Dorfe und konnten sich nur nothdürftig ernähren, von ihnen war keine Ans­steuer zu erwarten. Die energische Marie Myngaden wußte sich jedoch bald Rath zu schaffen.Ich werde mir meine Aussteuer verdienen, und Jan hilft ebenfalls nach Kräften, denn wir haben uns lieb." Das waren keine leeren Worte. Von Stund' an ging Marie Myngaden für die Bauern aus dem Dorfe als Verkäuferin zum Markte und das mußte ihr der Neid lassen, keine wurde so schnell und so gut ihre Waare los als sie. Das frische, fröhliche Antlitz der jungen Dirne, die freundliche Art, wie sie ihre Waare anbot, gewann ihr bald die Herzen und eine große Kundschaft in der Stadt. Bei alledem war der Verdienst aber gering, und es ging mit dem Sparen nur langsam von statten. Auch heute kehrte sie soeben vom Markte zurück; die weiße Haube verhüllte neckisch das herrliche goldblonde Haar, das bunte Tuch war lose mn die Schultern geknüpft, die drallen bloßen Arme ge­kreuzt, mit dem Korbe daran, sah sie der Mutter zu, die das Geld nachzählte, welches sie verdient. Des Vaters Stirn zog sich in Falten, die lange thönerne Pfeife in der Hand, stieß er mächtige Dampfwolken vor sich: Sein Stolz, seine Marie hätte einen anderen, reicheren Freier bekommen können, wie er ihn im Stillen für sie ausge­sucht und erhofft. Aber die Liebe, ja es ist verteufelt, und er bekräftigte dies Geständnis; wieder mit einein gewaltigen Zuge aus der Thonpfeise die Liebe wirft einmal alle guten, väterlichen Pläne über Bord und läßt solch' kleinen Mädchenkopf über wohlerwogenen Rath triumphiren.

Technisches.

Der schnellste Dampfer der Welt. Deutschland besitzt augenblicklich die schnellsten Torpedoboote, England darf sich hingegen rühmen, an dem prachtvollen Post­schiffJreland" den schnellsten Dampfer zu besitzen.

DieJreland" besitzt schönere Linien als irgend ein bestehender Seedampfer, und gleicht in dieser Hinsicht den feinsten Pachten. Auch entwickeln ihre Maschinell eine Kraft, wie sie bisher bei Schiffen von dieser Größe nicht vorgekommen ist, nämlich 6000 Pferdekräfte. Mit Hülfe derselben legte dieJreland" bei ihren regelmäßigen Fahr­ten zwischen Holyhead und Kniptown 20^ Knoten oder 38 Kilometer in der Stunde zurück. Diese ganz außer­gewöhnliche Geschwindigkeit bisher hat man es nur