Angelica.
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„Sie können hereintreten." ^ Nase, ungefähr sa . . . — und Lionello entwarf
„Die Gräfin erwartete mich, eben einen Brief ^ die Karrikatur des Grafen auf dem Tische: einen vollendend, an einem Tischchen fitzend; sie grüßte ! Kellnerbackenbart, goldene Brille, einen Höcker zwi- mit einem lieblichen Lächeln und deutete mit der ^ schen den Schultern.
Hand auf einen Stuhl. Ich hatte Zeit, ihr Haar ^ „Genau so!" rief Herr Giovanni aus, als ob zu betrachten, es war von einer geschmeidigen ! er ihn schon als Knaben gekannt.
Weiche und erschien unter dem leichten Anflug von ! „So stellte ich mir ihn vor und es war mir,
Puder, wie, ja selbst wie der Schaum des Bieres hier."
„Nicht übel," sagte der Makler und nahm hastig einen großen Schluck.
„»AlsoSie verkaufen mir Ihr Bild,» sprach sie, ohne die Augen vom Papier zu erheben. Ich antwortete nicht. — »Sie verkaufen es?« — „Verzeihen Sie, Gräfin," begann ich stotternd — „ich habe gesagt, daß ich es verkaufen würde, doch nur unter besonderen Bedingungen. Darf ich sprechen?" — »Hüten Sie sich, eine Dummheit zu sagen,« sagte sie mit einer stolzen Kopfbewe- gttug. „Ich bin bereit, mein Bild um nichts abzutreten, wenn Sie sich das Ihre stehlen lassen.
Es gleicht dies vollkommen einem künstlerischen Ideal, das die Qual meiner Jugend war; es mag eine Thorheit sein, aber, glauben Sie mir, eine von jenen, die uns mit zwanzig Jahren Schlaf und Appetit rauben. So ging es weiter; immer im Tone verliebter Schwachheit erzählte ich ihr die Geschichte der Angelica meines Bildes. Ihre Augen leuchteten, sie wurde nachdenklich, preßte die Lippen zusammen, wie um eine gewaltige Leidenschaft niederzukämpfen . . . . endlich konnte sie die Thränen nicht mehr zurückhalten, sie stoffen die Wangen herab und unter Thränen erzählte sie mir ihre Geschichte, aus der ich nur das Eine heraushörte, daß der gräfliche Bankier jenem Ariost'schen Meerungethüm gleichen mußte. Meine Phantasie malte ihn sich aber mit einem faustdicken Bauche, einer dicken, schwammigen
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Eichhörnchen. Originalzeichnung von R. Friese.
Während ich das bleiche Gesicht der Gräfin schaute, als ob eine rauhe Hand nach meinem Herzen taste, mich zu erwürgen wie eine junge Taube. Ich haßte diesen Deutschen mit dem ganzen Stolz eines italienischen Künstlers, dem die Sonne des Capitols geleuchtet.
„Gräfin!" rief ich, „wenn Gott mir gäbe, eine dieser Thränen zu trocknen, so weiß er, daß ich mein Leben dafür opfern würde!" Ich war nahe daran^ihr zu Füßen zu fallen, als sie Plötzlich halblaut nach Christian rief.
„Ein Augenblick des Schweigens folgte. Ich zog mich in die Fensternische zurück. Christian hatte den Ruf nicht gehört, die Gräfin aber trauete nicht. Als sie sich sicher glaubte, stand sie auf, trat auf mich zu, legte die Hand auf meinen Arm und flüsterte: »Still, ich werde beobachtet.«
„Mein Herz stieß einen Freudenschrei aus, ich faßte die kleine Hand, führte sie an die Lippen und rief dreimal: „Gräfin! Gräfin! Gräfin!" Da wurden die Tritte des Teufels vernehmbar, sie drückte in Eile meine Hand und sagte: »Auf morgen früh, um sieben Uhr!« —- „Hier?" — »Hier. Schicken Sie mir heute noch ihre Bilder.« — „Gräfin!!" »Addio! ... auf Wiedersehen!« Sie entfloh, fast im Laufschritt und verschwand hinter einem andern blauen Sammetvorhang wie eine Schaumflocke im Meer, wie ein weißes Wölkchen am Himmel, dabei ließ sie ihr duftendes Spitzentaschentnch fallen, das ich aufnahm und am Basen barg. Wie ich damals
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