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Von 1V. Ui6<i. Hermann Klencke.
Mte weiter man nach Norden kommt, desto mehr nimmt derGennß alkoholischer, geistigerGetränke zu, desto stärkere geistige Getränke genießt man. Was man an den Küsten der Nord- und Ostsee trinkt, eine Angabe darüber würde einen Bewohner der Küstenländer des Mittelmeeres sich entsetzen lassen. Wenn säst alle Völker der Erde irgend ein berauschendes Getränk haben, durch welches sie sich über die tödtende Langeweile und den Jammer des irdischen Daseins ans kurze Zeit hinwegsetzen, wenn die meisten Cultnrvölker poetische Verherrlichungen von Trinkgelagen und der begeisternden Kraft des Weines besitzen, so sind von Alters her, seit Tacitus seine Beschreibung Deutschlands verfaßte, die germanischen Stämme als dem Genüsse geistiger Getränke ergeben besonders bekannt. Der Bischof von Verden, Dietrich von Niem, im 14. Jahrhundert, erzählt von der damaligen Sittlichkeit in Schweden und Norwegern Geistliche und Weltliche trinken gleich stark und wer sich nicht übermäßig in Bier berauscht, hält sich nicht für glücklich. Einer fordert von dem Anderen, daß er ihm im Trinken Bescheid thne, und wer es nicht gesehen hat, sollte kaum glauben, wieviel von den beiden Geschlechtern aus einnial getrunken wird, bis sie zur Erde sinken. Wer den Becher am meisten ausleeren kann, wird für den Stärksten und Vortrefflichsten gehalten. Von der Trunksucht aber in England entwirft Smellet ein sehr anschauliches Bild um das Jahr 1736: Die Bevölkerung von
London war in die brutalste Degeneration versunken durch den excessiven Genuß von Branntwein, den man Gin nannte und der so billig verkauft wurde, daß auch der ärmste Mann im Volke
sich immer soviel gönnen konnte, um anhaltend berauscht zu sein, zur Vernichtung aller Sitte, aller Industrie und aller gesetzlichen Ordnung. Es kam zu einem solchen Grade von schamloser Völlerei, daß die Branntweinhändler auf ihren Aushängeschildern anzeigten: „Hier kann man sich für einen Penny anranschen, für 2 Pence ganz und gar voll saufen und obendrein noch Stroh zum Ausschlafen erhalten, bis man ernüchtert ist." Keller und Böden waren mit Stroh versehen und hier lagen die Vollgesoffenen, bis sie sich etwas erholt hatten, um von Neuem mit dem schmutzigsten Laster zum Ruine ihrer Gesundheit und ihrer Familie zu beginnen.
Wenn in Deutschlands Städten die zahllosen Kneipen dem Wanderer die Wahl schwer machen, so er nach dem alten Liede: „Doch dem Braven ist's gegonnen, wenn des Abends sinkt die Sonnen, daß er in sich geht und denkt, wo man einen Guten schenkt," einen Trunk einnehmen will, so sucht er in den romanischen Ländern, z. B. in Lissabon, vergebens nach den mit Tabaksranch und frohen Zechern gefüllten Lokalen, in denen man sich die nöthige Bettschwere holt, wie der commentmäßige Ausdruck lautet. In den südlichen Ländern, überhaupt bei den romanischen Völkerschaften ins Besondere, findet man selten Betrunkene, namentlich nicht in Griechenland, Spanien, Italien und in Frankreich hat erst seit Anfang dieses Jahrhunderts der Alkoholmißbrauch angefangen; in Deutschland möchte ein Gesetz, das Trunkenheit bestraft, oft auch Hochgebildete schwer treffen. Unter welchem Himmelsstrich Deutsche Zusammenkommen, in den Steppen Asiens oder in der Gluthhitze der Tropen,