Heft 
(1.1.2019) 03
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Alkohol und (Lultur.

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und nicht überreizen und schwächen, in der That aber kann jeder erfahrne Arzt die Behauptung des Professors der Medizin bestätigen, welche dahin geht, daß über die Hälfte unserer Gebildeten sich von der Universität kranke Magen und geschwächtes Gehirn durch Mißbrauch des Alkohols mitbringen und so weder ihr reich angelegtes Leben voll aus­leben, noch die Frische der Jugend mit in ihr Mannesalter hinüberretten. Nicht bloß daß man die Jahre, in denen die Grundlage für das ganze spätere Leben gelegt wird, in denen sich gewisse Prinzipien und eine bestimmte Geistesrichtung bilden soll, vertrödelt in Müssiggang, man beraubt sich auch selbst der Fähigkeit zu hoher Entwicklung, indem man das Gehirn durch Alkohol stumpf macht. Man geräth in einen angenehmen Taumel mit süßer Erschlaffung aller Kräfte, in einen Sumpf, auf dem höchstens noch die Sumpfpflanze des Bier­witzes gedeiht, verliert alle Willenskraft und geht endlich in gänzlicher Energielosigkeit unter, oder man rettet noch in der zwölften Stunde alle übrig ge­bliebene geistige Kraft und hat dann die Jahre nach der Universität, wo man das Erlernte erst recht verdauen und geistig durcharbeiten und endlich selbstständig schaffen soll, alle Hände voll zu thun, um die versäumten Elementarkenntnisse nachzuholen, läuft dann in den rettenden Hafen der Ehe ein, wird Familienvater, und ehe mans versieht ist die Zeit zu hoher Entwicklung und freier Entfaltung der Kräfte vorbei!

Ich halte geradezu dieVerbierung" der Uni­versitäten für eine der vornehmsten Ursachen, daß die Entwicklung der Menschheit so langsam vor- schreitet. Schon jetzt sind unsere Universitäten nicht mehr Hochschulen der Menschheit, sondern Fach­schulen, deren Lehrmittel außerdem noch schlecht benutzt werden. Ein großer Theil Stndirende aber bringt es auf dem jetzigen Wege kaum zu dem Recht, zu denwahrhaft Gebildeten" sich rechnen zu dürfen. Sagte mir doch neulich ein hochgestellter Jurist, daß ein Theil feiner Referendare nach feinen Erfahrungen nicht im Stande sei, ihren Gedanken klaren logischen Ausdruck zu geben! Das kommt wieder daher, daß jetzt eine Menge Leute zum Studium sich drängen ohne allen inneren Beruf, nur um der äußeren Ehre willen und weil es der Papa ja kann", und gewissermaßen durch seinen Sohn in den Stand derGebildeten" ausgenommen werden will. Gerade diese Söhne Mammons ver­derben unsre Universitäten und leisten in Bier ge­wöhnlich um so mehr, je weniger sie sich um die Wissenschaften bekümmern. Das ist dann das Salz der Erde! Ich glaube, daß sogar geschlechtliche Ausschweifungen im Ganzen den menschlichen Orga­nismus und die Denkfähigkeit weniger schädigen, als die Alkoholvergiftung. Namentlich die Willens­

kraft, die Energie wird durch reichlichen Alkohol­genuß entschieden gelähmt. Fast alle Trinker find weiche, leicht zu Thränen gerührte Seelen, die, wenn das tobsüchtige Medium des Rausches selbst ver­flogen ist, zusammenklappen, erst die heiligsten Ver­sprechungen geben, zu Allem bereit sind, um im nächsten Augenblicke, wenn die Versuchung naht, wieder zu fallen. Statt die Kämpfe des Lebens muthig aufznnehmen, werden sie fahnenflüchtig, schlei­chen sich wie ein Schulbube, der keine Lust zum Lernen hat, um die Schule herum und verlieren endlich alle Selbstachtung, bis sie ganz in Apathie und Schwäche versumpfen.

Denn wie jeder Sieg über sich selbst und seine Leidenschaft eine neue Waffe zur Bekämpfung der nächsten Versuchung verleiht und die Kraft im Froh­gefühle des Sieges wachsen läßt, so giebt jede Nie­derlage dem moralischen Halt einen neuen Stoß, bis endlich bald jeder Widerstand aufgegeben wird. Das ist das Ende der Alkoholvergiftung: Völlig sei­nem besseren Selbst entfremdet, der Ruin der Familie, ein Kinderspott. Denn das wahre Mensch en- thum besteht nicht in Wissen und Denken, gelehrtem Scharfsinn, Geschicklichkeit im Berufe, hoher, poetischer Anschauung, son­dern in der Freiheit, die der Mensch er­ringt im Kampfe mit sich selbst und seinen Leidenschaften. Die Trinker sind sogar meist nicht blos gutmüthige, sondern auch sehr geschickte, und gescheute Leute eine Folge einer gewissen erhöhten Reizbarkeit des Gehirns aber doch wegen des Mangels an Selbstbeherrschung keine vollen wahren Menschen. Man könnte ja eine ganze Reihe von berühmten Poeten ansühren, welche die Trunksucht in einen frühen schmählichen Tod trieb (Edgar Poe, Nerval, Günther in Deutschland Grabbe re.). Trotz allen Talents bleiben diese Indi­viduen doch krankhafte Erscheinungen, ihre Blüthe wurzelt im Sumpfe, das Unheil aber, das diese Gewohnheitstrinker anrichten, schließt nicht einmal mit ihrer Person ab, fast immer vererben sie auf ihre Nachkommen Anlage zum Wahnsinn und ver­brecherische Neigungen, Taubstummheit re. Die Opiumraucher Asiens, die Morphinisten und Alkoho­liker in Europa, sie alle suchen süßes Vergessen des Leidens oder suchen über ein Gefühl der Lange­weile und der Oede hinwegzukommen, das sie ruhe­los umhertreibt, sei es die Lebensleere des gewöhn­lichen Menschen, oder die göttliche Langweile des Genies.

Die Natur aber weist den Menschen zur Be­kämpfung dieses Gefühls der Lebensleere und Oede aus die Arbeit hin und nach der Arbeit auf den Schlaf, der nach süßer Erquickung nicht Katzen­jammer bringt, sondern das Gefühl frischer Kraft.

Leider haben gerade genial begabte Menschen