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A. ks. Aus dem Skizzenbuche eines Mrientreisenden.
Eine Centralanlage des Hofes ist in Cairo selten, überhaupt spricht"sich in der ganzen Grundrißlösung mit ausdrücklicher Betonung des unsymmetrischen das Bestreben aus, im Ausriß mehr das malerische Element zur Geltung zu bringen, und so ist das scheinbar Absichtslose, Zufällige, was den arabischen Bauten einen so großen Reiz verleiht, das Er- gebniß eines feingefühlten, wohlüberlegten Planes. DieFa§ade des Hauses ist durchgängig sehr einfach, da eine Entfaltung der Wohlhabenheit nach Außen nach dem Glauben der Bevölkerung den bösen Blick auf den Besitzer zog und Unglück oder Tod brachte, während sie anderseits die Behörde reizte von dem Manne, der seinen Reichthum zur Schau trug, hohe Steuern zu erlangen.
So war es denn Sitte, den Reichthum mehr in das Innere zu concen- triren. Die Willkür und Habsucht der Machthaber, die Unsicherheit der Zustände gebot es ferner, dem Einzelnen das, was ihm lieb und thener, seien es Schätze oder schöne Frauen, sorgsam zu bergen, nöthigen- falls mit Waffengewalt zu vertheidigen. Die Bestimmung des Koran über die strenge Absonderung der Frauen diente außerdem zur Richtschnur für die Wohnhausbauten. Das Haus erhält somit nach Außen etwas Geschlossenes, Festungsartiges. Das sehr hohe aus soliden Quadern erbaute Untergeschoß hat nur wenige kleine, sehr stark vergitterte und sehr hoch liegende Fensteröffnungen, sodaß man selbst zu Pferd sitzend nicht in dieselben hineinsehen kann. Eine kleine, meist hufeisenförmige Thüröffnung mit einer einfachen Bandverschlingung umgeben, in die wohl auch ein sinniger Koranspruch eingefügt ist, bildet den Eingang.
Die Thüre, vom festen Holz der Sykomore, ist mit einem mächtigen Riegel, der durch eine sehr einfache, aber sinnreiche Mechanik geöffnet wird, geschlossen. Zuweilen vertheidigen geschickt angebrachte Schießscharten, von oben bedient und so disponirt, daß sie zwischen den Consolen eines überragenden
Vorbaues unsichtbar ansmünden, den Eingang gegen unbefugte Eindringlinge. Ueber der Thür finden wir oft primitiv gemalte Löwen, Kameele oder auch Dampfschiffe, als Zeichen, daß der Besitzer eine Mekkareise gemacht hat, auch Töpfe mit Cactuspflanzen und ausgestopfte Krokodile sind gegen den bösen Blick anfgehangen. Die Etagen, das arabische Haus hat deren selten mehr als zwei, ragen weit über das Untergeschoß hervor, sodaß man in den ohnedies engen Straßen vollständig gegen die heißen Sonnenstrahlen geschützt ist. Breitere Straßen, und namentlich diejenigen, in welchen sich die Bazare befinden, sind durch Holzdecken oder aufgespannte Velarien sorgfältig überdeckt. Kräftige, stylvoll ansgebildete Steinconsvle, ans die sich die Balkenköpfe der vorgeschobenen Zwischendecken unmittelbar anfsetzen, vermitteln den Ueber- gang in den leichteren Ziegelbau - der oberen Geschosse. Das Holz conservirt sich im Süden so gut, daß sich die arabischen Architekten die Einfügung desselben in Mauern und Steinschnitt erlaubten, wo es den nordischen Fachleuten unglaublich erscheint. Die oberen Wand- slächen sind meist schlicht geputzt und entbehren fast jeglicher architektonischer Gliederung. Den einzigen charakteristischen Schmuck erhalten dieselben durch die ganz nach dem inneren Bedürfnisse in heiterer
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Straße in Cairo,
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