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(01/01/2019) 06
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n.

Line Fahrt auf der Giselabahn. 2ö1

Wildalmkirche aus dem Steinernen Meer empor­

ist der Reisende in ein paar Minuten in eine an­dere Welt versetzt worden. Hatte er nördlich des­selben noch weiten Ausblick auf viele entfernte Gipfel und in manche grüne Thalweitung hinein, so findet er südlich derselben sich urplötzlich in einer Schlucht, in der nichts zu sehen ist, als die Welten des Flusses und die himmelhohen Wände zu bei­den Seiten. Jenseits des Flusses, der mit seinem rauschenden Gefälle das Klappern der Eisenbahn übertönt, stehen die Hänge des Tännen-Gebirges, ans dessen Graten jetzt wie­der der Steinbock haust.

Ist es vorbei mit der Romantik des Posthorns, welches einst bei Maria Brunneck, der Kapelle, den Wiederhall der Wände im Paß Lueg herauslockte, und vielleicht an die Trom­peten der Streitenden ge­mahnte, die sich hier an der Pforte der hohen Alpenwelt schlugen so mag doch auch der Blick ergreifen, den der Wande­rer vom Schienenwege ans aus seine Umgebung wirst, in die er so mit einem Male gerathen ist. Vor ihm thürmen sich Wände ans, deren Rand er nicht mehr sieht. Er kann glauben, daß sich der Dampfwagen während der nächstenMinuten, an diesem entgegengestellten Hemm- niß anprallend, zerschmet­tern muß. Die Welt ist zugemauert. Aber sofort öffnet sich, mit dem Fluß- lanfe, wieder eine neue Lücke, eine Wendung nach der andern, bis endlich der Zug ein breiteres Waldthal erreicht.

Hier, zwischen Sulzau und Bischofshofen, ist eine klassische Stelle des Salzburger Landes. Ich spreche hier nicht von der Großartigkeit der Gebirge, der Pracht der Hochthäler, in welche man flüchtige Blicke wirft, sondern von den Ueberlieferungen aus diesen Wäldern den Ueberlieferungen, welche mit dem Andenken der alten Erzbischöfe als Lan­desherren Zusammenhängen. Hier sind die Jagd­gebiete. Wilddiebe wurden schauderhaft behandelt. Das Anschmieden an Hirsche ist keine Fabel. Bei der Station Blahhaus kann der Reisende in das Waldthal des Blühnbach, durch welches man zur

steigen kann, hinaus schauen. Dann soll er sich an die Henker erinnern, die der in Fässern auf dem Bache schwimmenden Wilddiebe warteten, um sie vor dem Rechen mit ihren Eisenstangen zu erschla­gen. Entrannen die in das Faß Gebundenen den Freiknechten, trieb sie das Wasser an ihren Haken vorbei, hatte der Bergstrom mehr Mitleid als der Erzbischof, dann waren sie frei.

Sollte einer unter den freundlichen Lesern et­was mehr aus diesem Hochalmen - Gebiete und seinen Wäldern erfahren ,, wollen, so erlaube ich mir, D ihm ein Buch von mir selbst zu citiren. Es ist ein Roman und heißt: H Robinson in den hohen '' Tauern. Dort treiben sich die Geächteten im Blühn­bach, um Werfen und end­lich in den schneeigen Ein­öden der Tauern selbst herum.

Auch Werfen, dessen Veste auf vereinzeltem, rings von der Salzach umflossenem Felskegel jetzt erscheint, könnte düstere Stoffe liefern. Als im elften Jahrhundert das halbe Deutschland gegen den eigenen Kaiser, Hein­rich den Vierten, in Waf­fen stand, wurde diese Beste erbaut. Aber später sahen

ihre Mauern Dinge, die es gar nicht nothwendig gehabt hätten, daß sich

die Einbildungskraft man­cher Schriftsteller abmühte, ihre Abscheulichkeit noch zu steigern. Es ist das einzige Denkmal der Inquisition aus deutschem

Boden. Als die Reformation Luther's sich in

den Thälern dieser Hochgebirge bemerkbar machte,

da hatten die tiefen Kerker den meisten Zuspruch. An Ketten ließ man die Gefangenen in die tiefsten Schachte hinab, wo sie verkamen. Man braucht hier nicht, wie es auf einer Veste Lungaus ge­schah, Pferdeknochen als die Gebeine von Opfern priesterlicher Grausamkeit vorzuzeigen. Es hätte seiner Zeit nicht an letzteren gefehlt.

Jedenfalls bleibt ein eigenthümlicher Eindruck vom Anblick Hohenwerfens zurück. Das Schloß

mit den tiefen Kerkern, von den Wassern der Berge

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Parthie aus der ,,Liechtenstein-Klamin".

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