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(01/01/2019) 06
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abschiedete sich in ein paar Zeilen und verließ Berlin. Erst gestern ist er znrückgekehrt. Das andre weißt Du. Du mußt cs als einen Anfall nehmen."

Ich versteh', als einen Anfall von Eifersucht. In der That, er gerirt sich, als ob er legitimste Rechte geltend zu machen hätte; Prätension über Prätension. Aber, mein Herr von Gordon, Sie sind in der falschen Rolle."

Dabei schoß sein Auge heftige Blicke, denn er war an seiner empfindlichsten, wenn nicht an seiner einzig empfindlichen Stelle getroffen, in seinem Stolz. Nicht das Liebesabenteuer als solches weckte seinen Groll gegen Gordon, sondern der Gedanke, daß die Furcht vor ihm, dem Manne der Deter- minirtheiten, nicht abschreckender gewirkt hatte. Ge­fürchtet zu sein, einznschüchtern, die Superiorität, die der Muth giebt, in jedem Augenblicke fühlbar zu machen, das war recht eigentlich seine Passion, llnd dieser Dnrchschnitts-Gordon, dieser verflossene preußische Pionier-Lieutenant, dieser Kabelmann und internationale Drahtzieher, der hatte geglaubt, über ihn weg sein Spiel spielen zu können. Dieser Anmaßliche . . .

Cocile las in seiner Seele und Angst und Sorge vor dem, was jetzt mnthmaßlich kommen mußte, befiel sie. Sie nahm deshalb seine Hand, mit der er auf dem Tischtuch in nervöser Unruhe hin und her fuhr und sagte:Pierre, versprich mir eins."

Was?"

. . Dich nicht zu Gewaltsamkeiten fortreißen zu lassen. Alles was geschehen ist, ist natürlich und »veil natürlich auch verzeihlich. Es ist keine Beleidigung darin, wenigstens keine gewollte Be­leidigung."

Ich werde nicht mehr thun als nöthig, aber auch nicht weniger. An dieser Zusage mußt Du Dir genügen lassen."

Bei diesen Worten erhob er sich von seinem Platze, ging in sein Arbeitszimmer und nahm hier, wie wenn er vorhabe sich's bequem zu machen, zu­nächst eine Cigarre. Daun schritt er ein paarmal auf dem türkischen Teppich auf und ab, setzte sich an seinen Schreibtisch und malte langsam und mit sorglicher Handschrift die Adresse:Sr. Hochwohl­geboren, Herrn von Leslie-Gordon . ."

Aber wo?" unterbrach er sich, während er ans einen Augenblick die Feder wieder aus der Hand legte. Nun, er wird sich ja finden lassen . . Wozu haben wir Zeitungen und die Rubrik »Angekommne Fremde«. Unterschlagen wird er sich doch nicht haben."

Und nun schob er das Couvert zurück, nahm einen Briefbogen mit Wappen und Initiale und schrieb.

Ueber den Doppel-Besuch, den Sie, mein Herr von Gordon, gestern Abend der Frau v. St.

Arnaud erst in der Loge, dann in der Wohnung derselben abgestattet haben, bin ich unterrichtet worden, übrigens nicht durch Frau v. St. Arnaud selbst, die vielmehr wie mir gestattet sein mag, in pflichtschuldiger Berücksichtigung Ihrer Gefühle hinznzusetzen in einem eben mit mir gehabten Gespräche nicht Ihre Anklägerin, sondern Ihre Vertheidigerin gemacht hat. Aber gerade diese Ver- theidigung richtet Sie. Daß Sie, mein Herr von Gordon, unmittelbar vor Ihrer Abreise von Berlin, einen Ton angeschlagen und ein Spiel gespielt haben, das Sie besser nicht gespielt hätten, verzeih' ich Ihnen. Ich finde mich darin zurecht, denn ich kenne die Welt. Daß Sie dies Spiel aber trotz Abmahnnng und Bitte wiederholten und vor allem wie Sie's wiederholten, das, mein Herr von Gor­don, ist unverzeihlich. Frau von St. Arnaud, als sie rückhaltlos ihr Herz vor Ihnen offenbarte, begab sich dadurch in Ihren Schutz und einer Frau diesen Schutz zu versagen, ist unritterlich, ist ehr­los. Dies habe ich Ihnen, mein Herr v. Gordon, aussprechen wollen und gewärtige durch General v. Rostow das Weitere.

v. St. Arnaud."

Achtnndzwanzigstes Kapitel.

. Gordon saß in dem Glaspavillon des Hotels, als St. Arnand's Brief eintraf. Er las und ver­zog keine Miene. Daß sich etwas derart vorbe­reiten würde, war ihm von dem Augenblick an wahrscheinlich, wo der Geheimrath, um in den Club zu gehen, den Salon Cociles verlassen hatte. Das Wahrscheinliche war nun da. Nichts von Furcht überkam ihn, und wenn etwas davon ihn ange­wandelt hätte, so würd' ihn der unendlich hoch- müthige Ton des Briefes dieser Anwandlung rasch wieder entrissen haben. War er doch selber ein Trotzkopf und von einem Selbstgefühle, das dem seines Gegners unter Umständen die Spitze bieten konnte.Gemach, mein Herr Oberst; Sie halten nicht vor Ihrer Front und ich bin nicht Ihr jüng­ster Lieutnant. Oder glauben Sie, daß ich devotest um Entschuldigung bitten und mich vor Ihnen klein machen soll, blos weil Sie das Todtschießen als Geschäft betreiben. Sie täuschen sich. Ich Hab' auch eine feste Hand und den ersten Schuß dazu, wenn die Gesetze der Ehre noch dieselben sind. Der Ehre. Was sich nicht alles so nennt! Nun, sei's drum . . Aber wen schick' ich an Rostow? Ich werde nach der Villa hinausfahren . . Der Bruder der jungen Frau .

*

Die Dinge regelten sich in der That innerhalb weniger Stunden, und weil beiden Parteien daran