1. Einleitung
Seit dem Jahre 1876 find verſchiedene Tierſchutzvereine mit der Behauptung hervorgetreten, das Schächten ſei im Gegenſatz zu anderen Schlachtmethoden inhuman und grauſam, und es ſei daher zu verbieten. Die Agitation führte auch zu Eingaben an die geſetzgebenden Körperſchaften. Die Zuden wandten ſich an die berufenen Fachmänner, an die hervorragendſten Vertreter der Phyſiologie und Tierarzneikunde, und dieſe erklärten ebenſo wie eine Reihe von Behörden mit wiſſenſchaftlichem Charakter, daß das Schächten eine durchaus humane, den übrigen Schlachtmethoden, wenn nicht über= legene, ſo doch zum mindeſten gleichwertige Tötungsart ſei. Sammlungen dieſer Gutachten erſchienen in den Jahren 1886, 1894, 1902, 1908 und neuerdings 1927/29, Auf Grund dieſer Aeußerungen der Sachverſtändigen wurden die Anträge, das Schächten zu verbieten, von verſchiedenen Parlamenten deutſcher Bundesſtaaten abgelehnt. (In Bayern 1894, in Mecklenburg 1899, ebenſo in Preußen, Heſſen, Baden und Württemberg 1930.) Nur in Sachſen beſtand eine Zeitlang ein Schächtverbot, das aber wieder aufgehoben wurde. Die religiös eingeſtellten Parteien waren gegen ein Verbot, ſchon weil ſie darin einen Eingriff in die Religionsfreiheit ſahen; beſonders das Zentrum hat ſtets mit Entſchiedenheit dagegen opponiert. Aber auch die Sozialdemokratie hat durch ihre berufenſten Vertreter(W. Liebknecht) dagegen Stellung genommen, und ebenſo haben ſich die Liberalen und die Demokraten aus Gründen der Toleranz ablehnend verhalten. Nur die antiſemitiſchen Parteien waren bei allen Abſtimmungen geſchloſſen dafür; auch heute noch ſind ſie es, die in erſter Linie den Kampf gegen das Schächten führen..
Stellung der po- litischen Parteien