6. Das Schächten in der Geſetzgebung
In Amerika iſt das Schächten nirgends verboten. Auch in Europa Amerika und
iſt, außer in der Schweiz und in Norwegen, denen ſich neuerdings Europa. Bayern und Braunſchweig zugeſellt haben, das Schächten überall
geſtattet. In Schottland iſt ſogar bei der geſetzlichen Einführung des
Betäubungszwanges für das Schächten ausdrücklich eine Ausnahme
gemacht worden. Ebenſo wird im italieniſchen Schlachtgeſetz von
1929 das Schächten ausdrücklich zugelaſſen. Die Schächtgegner
weiſen nun auf die Schächtverbote in den erwähnten Ländern hin,
als ob dieſe Verbote einen Sieg der Humanität bedeuten würden,
und ſuchen auch durch dieſen Hinweis für ihre Tendenz Stimmung
zu machen. Es iſt deshalb nicht unwichtig, auf das Zuſtandekommen
dieſer Verbote etwas näher einzugehen.
Die Regierung der Schweiz, d. h. Bundesrat und Bundesver- die schmei⸗ſammlung(Ständerat und Nationalrat), präziſierte ihre Stellung in einer Entſcheidung vom 17. März 1890. In derſelben wird ausgeführt, daß das Schächten als eine religiöſe Gewöhnung der Iſraeliten anzuerkennen ſei und als ſolche unter dem Rechtsſchutz des Art. 50 Abſ. 1 der Bundesverfaſſung ſtehe. Letzteres wäre allerdings nicht der Fall, wenn das Schächten in der Tat eine Tierquälerei darſtellen und ſomit gegen die Sittlichkeit verſtoßen würde; indeſſen, fo heißt es in dem Entſcheid weiter:„Nach dem durch die Akten feſtgeſtellten Stande der Schächtfrage auf legislativem und auf fachwiſſenſchaftlichem Gebiete in den verſchiedenen Kulturſtaaten Europas und Nordamerikas ſowie nach den Schlüſſen des vom eidgenöſſiſchen Juſtiz und Polizeidepartement beratenen Fachmannes kann das Schächten nicht ſchlechthin als Tierquälerei bezeichnet werden.“ Eine Rekursbeſchwerde einiger Kantonsregierungen an die Bundesverſammlung wurde mit großer Mehrheit verworfen. Als ſodann der Zentralvorſtand der ſchweizeriſchen Tierſchutzvereine die Volksabſtimmung verlangte und die Bundesverſammlung darüber zu beſchließen hatte, ob ſie dem Initiativbegehren, das nach Aufbringung der notwendigen Anzahl von Unterſchriften zur Abſtimmung gebracht werden mußte, einen eigenen Antrag gegenüberſtellen wollte oder nicht, beſchloſſen Ständerat und Nationalrat, die Verwerfung der Initiative, d. h. des Schächt verbots, zu empfehlen. Durch eine maßloſe antiſemitiſche Agitation, die ſich bis in die entlegenſten
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