Elektriſche Betäubung
nur ein Spiel mit Worten. Denn da dieſe mechaniſchen Betäubungsmittel das Gehirn verletzen, weiß man ganz genau, daß ſie nach den früher angeführten Beſtimmungen des jüdiſchen Religions: geſetzes nicht in Frage kommen können.
Was aber die Betäubung durch chemiſche Mittel und Elektrizität anbetrifft, ſo müßten, obgleich wir eine Notwendigkeit auch dieſer Mittel nicht anerkennen können, jedenfalls zweierlei Vorbedingungen erfüllt ſein: 1. daß das Tier dadurch an keinem lebenswichtigen Organ verletzt bzw. nicht in ſeiner Lebensfähigkeit beeinträchtigt werde, und 2. daß gegen die Verwendung des Fleiſches keine hygieniſchen Bedenken beſtehen. Man hat früher ſchon Verſuche angeſtellt, die Tiere vor der Schlachtung zu chloroformieren; die Verſuche mußten aber aufgegeben werden, weil Hunde und Katzen, denen man von dem Fleiſch zu freſſen gab, teilweiſe verendeten, teilweiſe in einen langandauernden narkotiſchen Schlaf verfielen. In neuerer Zeit wurden Verſuche mit Ehloralhydrat gemacht, die zunächſt ausſichtsreich ſchienen; aber auch hier wurden ſchließlich von mediziniſcher Seite ſchwere Bedenken geäußert.
Seit einigen Zahren hat man verſucht, die Tiere durch Ein: wirkung der Elektrizität zu narkotiſieren. Es haben ſich indeſſen Mängel ergeben, die eine Anwendung für das Schächten als un: möglich erſcheinen laſſen. 1. Das Tier fällt zwar, wenn der Apparat funktioniert, nach Einſchaltung des Stromes um und liegt regungslos da. Ob aber in dieſem Zuſtand eine Schmerzempfindung ausgeſchaltet iſt, iſt wiſſenſchaftlich völlig ungeklärt. Von ſachverſtändiger Seiten wurde die Meinung geäußert, daß es ſich nur um eine Lähmung bei Weiterbeſtehen des Bewußtſeins handelt. 2. Außerdem aber hat bei den Verſuchen der elektriſche Strom wiederholt organiſche Störungen bewirkt: es ſind Wirbelbrüche feſtgeſtellt worden. Auch wenn man von den Wirbelbrüchen abſieht, die durch geeignetes Anlegen der Elektroden vermeidbar ſein ſollen, verbleiben noch die ſchweren Erſtickungserſcheinungen, Kapillarzerreißungen im Lungengewebe, Schädigungen des Herzens, ſchwere Zirkulations— ſtörungen im Gehirn, Oedeme und Blutſtauungen, die beobachtet worden ſind. Das Blut iſt häufig infolge der Erſtickung dunkel gegefärbt. Aus dieſen Gründen kann nach dem jetzigen Stande der Erfahrungen keines der zur Anwendung gelangenden Betäubungsmittel vom religionsgeſetzlichen Standpunkt in Frage kommen.
) Prof. Dr. Mayr in der Zeitſchrift„Der Schmerz“, April 1929, u. a.
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