Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1903) Goethe ; Theil 2
Entstehung
Seite
39
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Lebenstrieb und Nahrungstrieb.

DL

Lebenstrieb.*) Goethe lebte, als sollte er ewig leben, erbejahte das Leben auf das allernachdrück­lichste. Er erkannte sozusagen den Tod nicht an, und obwohl er sich früher zu den Ansichten des Lucrez bekannt hatte, machte er sich, als das Leben zu Ende ging, eine eigene Unsterblichkeitlehre zurecht. Als ich zum ersten Male das Goethehaus sah, erschrak ich geradezu über Goethes Sammeln bis zum Lebens­ende ohne jede Entmuthigung, und damals erschien mir Goethes Lebensmuth als eine seiner merkwürdigsten Eigenschaften. Denselben Eindruck hat man beim Lesen der Briefe, besonders bei dem Briefwechsel mit Zelter. Um so merkwürdiger sind die Anwandlungen von Taedium vitae in der Jugend. Rückblickend kann man sagen, dass bei der Macht des Lebenstriebes in Goethe auch damals keine ernstliche Gefahr bestanden habe.

Nahrungstrieb. Goethe war Zeit seines Lebens ein starker Esser, eine Sache, die gar nicht so gleich­giltig ist, wie Manche denken. Er freute sich auch,

*)(Ihn hat Vimont als Grundkraft bezeichnet und zuerst im untersten Theile des Schläfenlappens localisirt.)