Glasgemälde mit Butzenscheibenumrahmung füllten die Fenster; wo es nur anging, breitete sich eine Decke, ein Läufer, ein Kiffen in altdeutschem Kreuz- stichmuster aus — alles Erzeugnisse geschickter Frauenhände, die in ihren Mädchentagen noch Frivolitäten gearbeitet und in Glasperlen gestickt hatten. Georg Hirths „Formenschatz" wurde die Fundgrube für Vorlagen dieser Art, und ich sehe noch Vater und Mutter über den Bänden dieses Tafel­werks sitzen, ihre Auswahl treffen und die Muster nachzeichnen oder pausen. Der Hausherr besuchte fleißig die Auktionen, ersteigerte Zinn- und Fayence­krüge und brachte gelegentlich wohl auch eine alte Pike oder Hellebarde heim, die, malerisch in eine Ecke gelehnt, die Stimmung um eine hochromantische Note erhöhte. Das alles war heiliger Ernst, innerste Überzeugung, und niemand hätte den alten deutsch-französischen Spottvogel zu zitieren gewagt:

Das mahnt an das Mittelalter so schön.

An Edelknechte und Knappen,

Die in dem Herzen getragen die Treu'

Und auf dem Hintern ein Wappen.

Mit der Architektur und dem Kunstgewerbe begaben sich auch Theater und Literatur auf die immer breiter getretenen Pfade dieser neuhochdeutschen Romantik. Zuerst erschienen auf dem Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater die Meininger mit ihren Klassikeraufführungen und riefen eine dekorative Reform der Bühnenausstattung und des Kostüms im Sinne der Stilecht­heit hervor. Julius Wolff mit seinen farbreichen Verserzählungen und Rudolf Baumbach mit seiner Butzenscheibenlyrik führten diesen ästhetisch­kulturellen Mummenschanz in der Literatur fort, wobei ihre Vers- und Reimgewandtheit über ihre innere Hohlheit und Unwahrheit glänzend hin­wegtäuschte. Von diesem Standpunkt aus begreift man auch erst den schnell wachsenden Ruhm und Erfolg Richard Wagners. Mochte um seine Musik der Streit so leidenschaftlich entbrennen, daß Bekenner und Befehder in hellster Kampfeswut gelegentlich die Bierkrüge gegen einander

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