Und dazu war keine Zeit. Die vernachlässigte und unbeschäftigte Canaillen- Bagage stob auseinander; mit dem Tode Grauns ( 1759 ) sank die letzte Stütze der italienischen Oper hin. Fasch, neben Quantz der einzige Kammermusikus, dem ein gelegentliches Bravo zum königlichen Flötenspiel gnädigst gestattet worden war, erschrak, als er 1761 den König in den Winterquartieren zu Leipzig aufsuchte. Er fand dort „einen gealterten, in sich gekehrten Herrn wieder, dem fünf Jahre des Kriegsgetümmels und Kummers, der Sorge und harten Arbeit einen Anstrich von Melancholie und trübem Ernst verliehen hatten, der gegen sein früheres Wesen merklich abstach und seinen Jahren noch nicht entsprach. Dabei fiel ihm das Blasen der Flöte schwer".
Die Stürme dieses Krieges schädigten einmal das Gebäude. Am 3 . Oktober 1760 erschien unter Totleben ein russisches Streifkorps und sandte von den umliegenden Höhen einige Kanonenschüsse in die erschreckte Stadt. Eine Kugel durchlöcherte die Decke des Opernhauses, so daß der eindringende Regen die dort aufgerollten Dekorationen verdarb. Die zweite, in das Wohnzimmer des Dichters Ramler einschlagend, weckte zu einer schwungvolleu Ode die vom König verachtete deutsche Poesie.
Nach geendetem Feldzug zeigte es sich, wie erstorben des Königs Sinn „vor musicalische Amüsements" war. Nur widerstrebend wies er Gelder zur Ausbesserung jenes Schadens an. Und was in ihm nicht erstorben war, war erstarrt. Konservativ, rückständig in seinem Kunstgeschmack, wollte der König nur deutsche Komponisten und italienische Sängerinnen gelten lassen. „Folge Er Hasse und Graun," sagte er zum Kapellmeister Reichhardt, „denn wo Ich keine Melodie finde, bin Ich Sein Diener." Und die Mara, damals noch Mlle. Schmeling, hatte Mühe, ihm zu beweisen, daß eine deutsche Sängerin noch immer angenehmer zu hören sei als ein wieherndes Pferd. Der Ruf ängstlicher Sparsamkeit, einer streng gehandhabten Kontrolle auch des Privatlebens der Sängerinnen, die Unritterlichkeiten, die der Frauenverächter sich erlaubte, schreckten viele ab. Frauenrollen mußten zum Gespött des Publikums Kastraten übertragen werden. Selbst eine
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