das Ganze machte dennoch einen eleganten Eindruck, oder vielmehr die Anordnung war so gefällig und bequem, daß sie jenes eigentümliche Behagen hervorbrachte, welches durch die höchste Eleganz bewirkt werden soll und bei den größten Mitteln doch so oft verfehlt wird." Gut bürgerlich mit jener nüchternen Schattierung ins Altpreußisch-Sparsame, die Friedrich Wilhelm III. bevorzugte, sah es in der Mauerstraße aus.
Und auch im Vergleich zu den übrigen Salons — im reichen Beerschen Hause, beim Staatsrat Staegemann, bei Savigny, beim Buchhändler Reimer, in Mendelssohn-Bartholdys Vaterhause und als jüngster und letzter bei Bettina — war der Ton bei Varnhagens mehr auf das Echo der Vergangenheit als auf den vollen Laut der Gegenwart gestimmt.
Rahel selbst hat ihren Salon „die Dachstube, im größeren fortgesponnen" genannt. Aber der Geist der frühromantischen Zeit vom Anfang des Jahrhunderts hatte sich so wenig bannen lassen, wie die Besucher ihrem allgemeinen Menschenschicksal hatten entgehen können. Vergleicht man den schon erwähnten Bericht des ungenannten Besuchers von 1830 mit den gleichfalls von Varn- hagen veröffentlichten Erinnerungen „aus den Papieren des Grafen S*** gegen Ende des Jahres 1801", so wird man der Verschiedenheit der beiden geselligen Welten aufs anschaulichste gewahr. Das Glück des Schwärmens ist dahin, und nie wieder konnte der Zauber der Stunde heraufbeschworen werden, als Prinz Louis Ferdinand noch in später Nacht am Klavier phantasierte, „kühn und gewaltig, oft rührend, meist bizarr, immer von höchster Meisterschaft", und die Töne über den phantastisch im Dunkel liegenden weiten Platz hinwegklangen durch das offene Fenster, in dessen Rahmen die Silhouetten von Demoiselle Levin und dem Fürsten Radziwill auftauchten ... Wie anders lauten die Namen in den beiden Berichten und fordern zur Vergleichung auf. Jetzt spielt Alexander von Humboldt die erste Rolle, und um ihn gruppieren sich der General von Pfuel, Professor Gans, der jugendliche Leopold Ranke, die Sängerin Milder und als interessantestes Paar Bettina und der Fürst Pückler-Muskau.
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