Kurz vor diesem Brande, der auch vielen Häusern der Brüderstraße verderblich wurde, hat Catel seine Ansicht gezeichnet. Verglichen mit der Stridbeckschen Vedute zeigt die rechte Seite der Straße, die schon damals die vornehmere war, verhältnismäßig geringe Veränderungen. Man erkennt das palastartige Happesche Haus, die Propstei, wieder, die allerdings bald darauf sich mit einer anderen, in neuklassischen Formen gehaltenen Fassade schmückte und heute noch durch die strenge Reinheit ihres Geschmackes auffällt und entzückt. Eine wesentlich neue Erscheinung bietet Nr. 13 , das zu Stridbecks Zeiten der Hoflüchenschreiber, später Ratskämmerer und zuletzt Bürgermeister von Kölln Brandes besaß, und das sich aus einem zweistöckigen, wenig gut proportionierten Nutzbau zu dem schlicht vornehmen dreistöckigenWohnhausgewandelthat,über dessenPortalnoch jetzt „Friedrich Nicolai, Buchhandlung", zu lesen steht. Auch die anschließenden dreistöckigen Häuser erkennt man wieder; die kleineren, die bei Stridbeck noch folgen, erscheinen durch stattlichere im Lauf der Zeit ersetzt.
Ist auf dieser Seite der Zusammenhang mit der Vergangenheit noch deutlich spürbar, so bietet die linke Straßenfront ein ganz neues Bild. Mit der lustig springenden Höhe ihrer Dachfirste, die drüben in der fast streng geschlossenen Blockfront annähernd gleich hoher Häuser einen ernsten städtebaulichen Verweis zu erhalten scheint, mit der launigen Verschiedenheit ihrer Fassaden erinnert sie an die malerische Willkür kleinstädtischer Häuserzeilen, in denen sich ein Stadtschicksal sein erinnerungsreiches Abbild geschaffen hat. Das zweistöckige Soldatenhaus mit dem aufgesetzten Dacherker aus der nüchternen, holländisch sauberen Gesinnung Friedrich Wilhelms I. hervorgegangen, wahrt sich zwischen den hohen, drei-und vierstöckigen der Folgezeit, in denen schon die Mietskaserne des neunzehnten Jahrhunderts wie ein verderblicher Keim enthalten ist, seinen behäbigen Platz. Fenstermarkisen, auch sie eine Erfindung des späten achtzehnten Jahrhunderts, beleben das Profil, wie der farbige Anstrich die Eintönigkeit mildert. Kellerhälse, mit Blumentöpfen bestellt, durchaus eine Berliner Eigenart, unschön, aber
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