Druckschrift 
Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
Seite
144
Einzelbild herunterladen

siedelte sich Graf Kamecke an. Die neu gezogene Stadtmauer, die die er­weiterten Teile der Dorotheen- und Friedrichstadt einfriedete, wurde 1734 am Viereck mit dem Brandenburger Tor durchbrochen in jener einfachen Gestaltung von zwei wappengekrönten Pfeilern mit frei vorgelagertem Wach- und Torschreiberhaus, wie es die bekannte Chodowieckische Ra­dierung darsiellt. Nichts erinnerte mehr an die alte Zeit, wo hier, von den Bäumen des Tiergartens umschattet, ein Vogelhaus gestanden und ein Seildreher seine Jagdnetze gemacht hatte.

Das Kameckesche Haus auf den alten Stadtplänen und bei Nicolai als das Kamkische bezeichnet an der südwestlichen Ecke des Vierecks ge­legen, zeigte die charakteristischen Formen, mit denen das Barock sich in Berlin verabschiedet hat. Nicolai nennt als Baumeister Johann Friedrich Grael, der durch die Schule Böhmes und Dieterichs' noch mit der Tra­dition Schlüters verbunden war. Zweigeschossig, mit stattlicher Fensterreihe wirkte es unter dem lastenden, gebrochenen Dach in seiner breiten Lagerung mehr wie ein behäbiges Patrizierhaus als wie ein Adelspalast. Nur das Mittelrisalit mit dem stufenüberhöhten, von Doppelsäulen flankierten Portal, über dem sich ein schmaler Balkon mit geschmiedetem Gitter erhob, gab dem schweren und massigen Gebäude einen Anflug von Feierlichkeit. Mit dem Nachbarhause, dem Kammerherrn v. Berg gehörig, war es durch eine Art von Pavillon mit niedrigerem Dach verbunden; die nach dem Quarre ein­springende Seitenfassade war ganz schlicht und schmucklos gehalten. So sieht man es noch auf dem langen lithographierten Bilderstreifen, den 1820 ein unbekannter Künstler von den beiden Häuserzeilen der Straße zwischen Brandenburger Tor und Schloß panoramaartig ausgenommen hat.

1798 ging das Haus aus Kameckeschem Besitz in andere Hände über. Käufer war Graf Wilhelm Jakob Moritz v. Redern, Kammerherr und Hofmarschall des Rheinsberger Prinzen Heinrich, zu dessen nächster Um­gebung er in den letzten Lebensjahren des genialischen Sonderlings gehört hatte. W.enn über ihn in dieser Stellung nichts bekannt geworden ist, so

144