Druckschrift 
Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
Seite
156
Einzelbild herunterladen

für die nordischen Schulen, namentlich für die Holländer und für die Flamen, sich mehr und mehr zu den Italienern hinneigt. Sonderbar freilich, daß dem durch die Nazarener angeregten Verständnis für die alten deutschen Meister die Freude an den primitiven Italienern nicht zur Seite tritt. Hier hat, wenn auch zuerst nur bescheiden anfeuernd, das neu errichtete Museum eine Wandlung hervorgebracht. Auch Graf Redern bevorzugte die italie­nischen Meister des werdenden und sich vollendenden Barocks, wie sie in reichster Fülle und in vorbildlicher Auswahl die deutsche Mustergalerie in Dresden vorführte. Wie tief sein Verständnis drang, wie weit sein Auge künstlerisch geschult war, ist schwer festzustellen. Bei der Auflösung der Galerie nach seinem Tode kamen die Bilder, die seine Erben für die besten hielten, nach Schloß Görldorf, die andern wurden als gleichgültig und wertlos fortgegeben. Der von Schasler überlieferte Katalog führt manchen erlauchten Namen auf. Erwähnt werden drei Selbstbildnisse von Albrecht Dürer, Lukas Cranach und Rembrandt, hinter die man wohl drei ge­wichtige Fragezeichen stellen darf. Unter den Italienern trifft man auf Giovanni Bellini mit einer Madonna, auf Fra Bartolommeo mit einer Verkündigung, auf Tintoretto, Veronese, Annibale Caracci und viele Bolognesen. In der Liste der alten deutschen Bilder erregt eine 1483 datierte Grablegung von Schongauer Neugierde. Die Holländer, Flamen und Franzosen sind mit den üblichen Meisternamen vertreten. Auch die Spanier fehlten nicht- Ein Mann, der aus einer Flasche trinkt, galt als Velazquez, ein Knabe mit einem Granatapfel wurde für Murillo beansprucht. Die Weitherzigkeit solcher Bestimmungen läßt sich nicht mehr nachprüfen, aber der Umstand, daß keins dieser Bilder für die beim Tode des Besitzers schon sehr aufmerksame Forschung in Betracht gekommen ist, bestärkt doch den Verdacht, daß die Galerie sich mehr durch die Zahl als durch die Wahl ihrer alten Meister bemerkbar gemacht habe.

Die Aufstellung derGemälde war ganz nach dem alten Grundsatz erfolgt. Die 60 Bilder, die Schasler aufführt, bedeckten die Seitenwände und

156