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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
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Herrn Friedrich Wilhelm IV., dessen ausgesprochenes Kunstempfinden an der gröberen Illusion der Bühne wenig Gefallen fand, nahm das Theater nicht mehr den bevorzugten Platz ein. Die Königlichen Kassen wurden für andere Bedürfnisse der hohen Kunst, der Repräsentation usw. beansprucht, und dies mag einer der Gründe gewesen sein, die den Generalintendanten zur Aufgabe seines Amtes im Jahre 1842 veranlaßten. Sein Nachfolger wurde zum erstenmal ein Mann der Theaterpraxis Karl Theodor von Küstner, der einen ähnlichen Posten schon im Dienste des Königs von Bayern bekleidet hatte und vermutlich von der Königin, einer bayrischen Prinzessin, empfohlen worden war.

Graf Redern, wie er in der Gunst des alten Königs groß geworden war, erfreute sich auch der persönlichen Zuneigung des neuen Herrschers und stieg zu immer höheren Würden. Zunächst betraute ihn Friedrich Wilhelm IV. mit der Generalintendanz der Kgl. Hofmusik, der der Dom­chor und sämtliche Militärmusikkorps unterstanden. Gewiß war es dem Grafen sehr erwünscht, nun wieder in engste Beziehung zu der Kunst zu treten, in der er selbst ausübend tätig war. Und abermals erwies er sich als ein Mann von Einsicht und Gedanken. Namentlich der Domchvr ist ihm verpflichtet. Er reorganisierte die Sängerschar, berief Musikdirektoren, wie Neidhardt und Grell, an ihre Spitze und sandte den Chor auf Kunst­reisen, die den Ruhm der Körperschaft verbreiteten. Die alten musikalischen Freunde des Grafen, Mendelssohn und Meyerbeer, komponierten für den Chor Motetten und Psalmen, und der Graf selbst widmete sich unter Grell erneuten musikalischen Studien. Kirchenkompositionen und eine Kantate kamen dabei dem Domchor zugute, während mit Tänzen und Märschen das Programm der Militärmusik bereichert ward. Eine zwar nur vorüber­gehende Gastrolle als Komponist gab der Graf noch im Opernhause mit seiner dreiaktigen OperChristine", die am 17 . Januar 1860 aufgeführt wurde.

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