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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
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auch nicht in der verfeinerten Form der Anregung, ist vielmehr ein Gesamt­gefühl, das die ganze Zeit durchtränkt und färbt.

Man rechnet Blechen, Dahl, Constable zur romantischen Malerei. War auch Menzel, der Menzel jener Altberliner Impressionen, ein Romantiker?

Als Menzel in dieser Art begann, war Constable zehn Jahre tot, Blechen in geistiger Umnachtung gestorben, nur Dahl lebte noch und arbeitete in Dresden. Alle drei gehören einer älteren Generation an. Blechen, den Jüngsten, trennen noch 17 Jahre von Menzel; man weiß, was für den Geist nicht nur des Künstlers die ersten 17 Jahre des Lebens bedeuten. Sie standen alle unter dem Bann eines anderen Zeitbegriffes von Romantik wie die jüngere Schar, die um 1830 mit Menzel sich der ersten Ahnungen eigenen Daseins und Empfindens bewußt wurde. Aus der idyllisch bewegten Kindheit, aus den heroisch begeisterten Wanderjahren war die deutsche Romantik in ein kritisch abgekühltes Mannesalter getreten, in eine Reife, die den Überschwang von sich getan hatte und Neigung spürte, sich selbst nicht mehr ganz ernst zu nehmen. Der verwegenste Geist der Zeit pfiff schon die ersten Spottlieder, in denen es skeptisch klang:

Ich zweifle auch, ob sie empfindet Die Nachtigall, das was sie singt;

Sie übertreibt und schluchzt und trillert Nur aus Routine, wie mich dünkt.

Es war die Zeit des poetischen Realismus. Die Gedanken wendeten sich den Forderungen der Gegenwart zu, nur die Form, in der sie sich aussprachen, war romantisch. Erscheinen die Kasernen in normannisch-sarazenischem Ziegelbau, erscheint das Biedermeiermobiliar, dessen nüchterne Zweckmäßig­keit nur noch geringes Ornament duldet, nicht symbolisch für die Zeitauf- faffung? Für die Romantiker der älteren schwärmerischen Observanz war Berlin kein Kulturboden gewesenmit seinem dicken Sande und dünnen Tee und überwitz'gen Leuten". Jetzt aber kam die Stunde für diese Stadt,

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