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Die erste Rabbinerversammlung und Herr Dr. Frankel / von Dr. Sam. Holdheim
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meinde ausſtellen zu laſſen. Aber was wollten denn die ohne Vollmacht ſich eingefundenen Rabbiner beginnen? Sie wollten ſich über religiöſe Angelegenheiten des Indenthums berathen und die Reſultate ſolcher Berqgthungen in Form von Beſchlüſſen mit nach Hauſe bringen. Aber bedürfen ſie hierzu einer Voll­macht? H. F. behauptet es.Eine ſolche Verſammlung kann alſo(das: alſo gehört zu den habituellen Schwächen des H. F.) nicht Beſchlüſſe faſſen; das Recht, aus einem Macht­ſpruche zu erſchweren oder zu löſen, kann ihr nicht eingeräumt werden. Aber wo und wann hat denn die Rabbinerverſammlung ein ſolches Recht je in Anſpruch genommen? Welchem Rabbiner, er gehöre zu dieſer Verſammlung oder nicht, ſteht denn das Recht zu, ſeiner Gemeinde oder einem einzelnen ihrer Angehö­rigen gegenüber aus einem Machtſpruch zu erſchweren oder zu löſen? Er iſt ja kein Geiſtlicher, kein Bevorrech­teter, wo ſoll ihm die Macht verliehen worden ſein, kraft irgend einer Autorität, die er nicht beſitzt, mit Machtſprüchen zu erſchweren oder zu löſen? Worauf beſchränkt ſich denn die Function oder die Befugniß der Rabbiner? Der Gemeinde oder den Einzelnen in ihr über Religionsfragen Auskunft zu er­theilen, die Gemeinde bei der Begehung, des Gottesdienſtes durch Religionsvorträge zu belehren und zu erbauen, Trauungen, Eheſcheidungen und Chalizah vorzunehmen. Hierzu muß er die erforderlichen Kenntniſſe beſitzen und weil die Gemeinde ihm ſolche Kenntniſſe zutrauet, hat ſie ihn gewählt. Um ſich über ſolche Amtsangelegenheiten, wie nämlich über vorkommende Religionsanfragen die mit dem Geiſte und der Lehre der Res ligion übereinſtimmende Auskunft gegeben, wie das Volk durch die öffentlichen Religionsvorträge am meiſten erleuchtet und am kräftigſten erbauet werde, wie ferner die Trauung, Eheſcheidung und Ehaliza am zweckmäßigſten vorzunehmen ſei, ſich gegenſeitig zu belehren und zu berathen und die Reſultate der Berathung als Norm für ihre amtliche Praxis zu nehmen, haben ſie eine Zuſammenkunft verabredet und ausgeführt. Bedarf es hierzu einer Bevollmächtigung Seitens der Gemeinden? Von je her haben die Rabbiner bei ſchwierigen Religionsfragen die größere Gelehrſamkeit und Einſicht ihrer Collegen zu Rathe gezogen und danach in ihren Gemeinden gehandelt. Auf dieſe Weiſe ſind die Gutachtenſammlungen größtentheils entſtanden. Statt ſolcher ſchriftlichen Berathungen in einzelnen Vorkommenheiten zogen es die heutigen Rabbiner vor, ſich an einem Orte zu verſam­meln, über ſolche Religionsfragen im Voraus zu deliberiren und