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den. Wer da ſagt: die Religionslehrer dürfen die Religionslehre nicht anders vertreten, als wie ſie im Volke lebt, der hat etwas höchſt Ungereimtes und Abſurdes geſagt. Es ſtände ſchlimm um die Religionslehre, wenn ſie nicht anders, als wie fie zu einer beſtimmten Zeit im Volke lebt, aufgefaßt und vertreten werden dürfte. Die beſtimmten Religiousanſichten, wie ſie im Volke leben, haben ſich niemals— wenigſtens ſeit der Niederſchreibung des Talmuds — von ſelbſt entwickelt, ſind immer von den Vertretern der Religionslehre, d. hes von den Talmudgelehrten, dem Volke durch Wort, Schrift und Werk mitgetheilt worden, und darin beſteht eben das Verdienſt ſolcher Vertreter, daß ſie dem Volke nur reine und gediegene Religionslehren einzuflößen bemüht find, Warum der Rabbiner⸗Verſammlung das Recht nicht zuſtehen ſolle, geläutertere Religionsvorſtellungen zu haben und zu verbreiten als die, welchs gerade jetzt im Volke leben, iſt nicht einzuſehen. Im Volke mag bis jetzt der Glaube vorgeherrſcht haben, das Col-Ridre gehöre zu den heiligſten Gebeten des Verſöhnungstages, und die ſem m ges ſchähe ein großer Abbruch an Heiligkeit, wenn jenes nicht mehr geſprochen würde. Die RV. hat durch ihren einmüthigen Ausſpruch in Betreff des Col-Nidre eine herrſchende Religionsvorſtellung des Volkes angegriffen und zum Theil vernichtet. Durſte ſie das nicht? Iſt es ihr unterſagt, ihrer beſſern Kenntaiß der Religion im Volke Eingang zu verſchaffen? Nach H. F. müßte dies allerdings der Fall ſein. Doch hat er ſich wohlweislich gehütet, gerade dieſen Ausſpruch der RV. zu tadeln. Oder ſollte dieſe Vorſtellung von Col-Nidre in den Volkskreiſen des H. R. F. in der That nicht mehr vorherrſchend ſein. Warum hat H. F. es in ſeiner Gemeinde nicht abgeſchafft? Alſo entweder das Col-Nidre werde in der Gemeinde des H. F. noch heilig gehalten, und er müßte deshalb die NV. tadeln, daß ſie es abgeſchafft, oder es werde nicht heilig gehalten und H. FJ. hätte es abſchaffen müſſen. H. F. that aber weder das eine
lungen verſagte, während die chriſtlichen Kreisſynoden dieſelben nicht ganz ausſchließen, mag ſcheinbar nicht, unbegründet fein; allein man muß bedenken, daß ſie nur ſolche Gegenſtände in Berathung nimmt, zu welchen theologiſche Kenntniſſe und Amtserfahrungen erforderlich ſind, in Bezug auf welche auch in chriſtlichen Synoden die Laien ausgeſchloſſen ſind. Dies rührt daher, weil im Judenthum die kirchlichen Jntereßfen als ſolche nicht von den Rab— bingrn, ſondern von den Gemeinderepräſentanten verwaltet werden und die Nabbiner und das religißſe Leben zum Gegenſtande ihrer Berathung haben. Vergl. den Aufſatz:„über Synoden im Allgemeinen und Kreisſyhnoden ins. beſondere/ in der Bexliner kirchlichen Viertel jahrs⸗Schriſt, April— Juni 1844.
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