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Die erste Rabbinerversammlung und Herr Dr. Frankel / von Dr. Sam. Holdheim
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welches gegen alle Geſetze der Logik iſt, da einer Folge vet. ſchiebene Urſachen zu Grunde liegen können. Erſt dann, wenn

die Unmöglichkeit der Reform geſchichtlich erwieſen wäre, würde der Schluß auf das Nichtvorhandenſein der Urſachen, nämlich der Verderbtheit der Lehrer und der Lehre gerecht fertigt ſein. Da nun diejenigen, welche die Reform für mög lich

halten, wenn ein muthiger Reformator da wäre, ſie

zugleich für

nothwendig erklären, mithin in dem Zuſtande der Lehre die Beſtimmungsgründe zu ihrer Verbeſſerung ſuchen, fo löſ't ſich der Einwurf des H. J., daß die Verderbtheit der Lehrer als Bedingung fehle, in Nichts auf, da er dieſe nicht als die einzige und ausſchließende Bedingung nachgewieſen hat und für die, welche die Reform wünſchen, die Verderbtheit der

Lehre als hinreichender Grund mit Recht erſcheint.

Bleiben wir nun bei der geſchichtlichen Thatſachs ſtehen. Die moraliſche Geſunkenheit der die Religion vertretenden Prieſter, die hierarchiſchen Anmaßungen des Pabſtes und der allgemeine Widerwille gegen dieſelbe gab den erſten Impuls zur Res formation; aber blieb man bei dem bloßen Proteſt gegen die Mißbräuche der Religionsdiener, ſtehen und ging man nicht, nachdem der erſte Impuls gegeben war, zur Verbeſſerung der Religionslehre über? Luther , ſagt H. F., hatte bei feinen erſten Schritten weiter nichts beabſichtigt und wäre, fügen wir wir hinzu, vielleicht nicht weiter gegangen, wenn er nicht auf

ſo gewaltigen Widerſpruch geſtoßen. Allein hat denn Luther allein die Reformation gemacht, ohne Mitwirkung ſeiner Zeit» genoſſen, und würde die Reformation zu Stande gekommen ſein, wenn nicht die Bedürfniſſe einer ſolchen in dem Bewußtſein der Zeitgenoſſen lebten? Alſo für den erſten Proteſt war allerdings nichts anderes als die Verderbtheit der Lehrer der ausſchließliche Grund, für die eigentliche Reform der Lehre hingegen war nicht mehr die Entartung der Lehrer, ſondern die Entartung der Lehre der alleinige Grund. Machen wir nun hievon An« wendung auf das Jubenthum, fo muß man eingeſtehen, daß zu einem Proteſt gegen die die Religion vertretenden Diener,

aller Grund fehle, da dieſe keinen Mißbrauch ſich

zu Schulden

kommen ließen. Aber gegen dieſe will kein Menſch proteſtiren, dieſe haben im Judenthum nichts zu ſagen. Die Reform⸗Be­ſtrebungen beabſichtigen nichts anderes, als eine Verbeſſerung und Reinigung der Lehre, und für dieſe find die Gründe, näm­

lich bie realen Bedingungen, wohl vorhanden.

die Rabbinen, ſondern gegen die rabbiniſche Lehre iſt

Nicht gegen