verzeichnet, die Propheten gelehrt, die Pſalmiſten geſungen, macht ſie uns zu einer unvergleichlich heiligen, aber darum noch immer nicht zur Sprache des Gebetes geeignet, wo fie aufhörte Volks- und Landesſprache zu fein. Nur in der Volksfprache hat Gott feine Gebote verzeichnet, nur in der Volksſprache lehrten die Propheten, dichteten die heiligen Sänger. Die Wahl dieſer Sprache beruhet auf keinem andern Vorzuge, als dem der Volksthümlichkeit. Nur in der Volksſprache ſchreibt der Geſetzgeber ſeine Geſetze, redet der Prophet und entlockt der Dichter ſeiner Harfe die lieblichſten Klänge, und nur in der Volksſprache vermag der Menſch ſeine Geſühle vor Gott auszuſprechen, weil nur in dieſer Sprache das Gemüth mit ſeinem reichſten Schatz frommer Gefühle ſeine Wurzeln hat. Der Drang, ſeine Gefühle vor Gott auszuſchütten, iſt dem Menſchen fo weſentliches Bedürfniß, daß er auch bisweilen die Hindernſſſe einer fremden Sprache überwindet, aber wahre Andacht wird er nur in der Mutterſprache haben können. So ſehr hiſtoriſche Erinnerungen über das Gemüth eine Macht be= haupten und es zu erheben vermögen, fo lebt doch der Menſch zunächſt in der Gegenwart, und ihre Sprache verſteht er am beſten. Wenn H. F. all den Millionen, welche in ihrer Landesſprache beten, nicht die Andacht abſprechen will, fo wird er eingeſtehen müſſen, daß die hebräiſche Sprache hierin keinen Vorzug an ſich behaupten kann. Soll aber nur die Andacht des Israeliten an dieſe Sprache gebunden ſein, wie kommt es, daß in keiner Kirche ſo viel über Mangel an Andacht beim Gebete geklagt wird, als gerade in der Synagoge? Nicht über Mangel an Beſuch, an ſ. g. Kirchlichkeit, wird Klage geführt, ſondern über Mangel an Andacht,*) woran nichts anderes Schuld ſein kann, als theils die Sprache, theils der Inhalt der Gebete. Hinſichts des letztern herrſcht eine ſolche Armuth und
*) In der von H. F. redigirten Zeitſchr. wird in einem„Bericht über Synagoge und Schule“ aus Hamburg dieſe Klage in folgendem Tone angeſtimmt: „Warum entfernt er ſich täglich mehr von der Synagoge, warum wird ſie ſtets leerer, die Lücken ſtets empfindlicher, warum iſt der Jugend der Synagogen⸗Beſuch eine Laſt, ſtatt einer Freude?! Der Berichterſtatter meint zwar, es würde alles anders und beſſer ſein, wenn Palliativreformen durch Heſang und Predigt eingeführt würden. Allein die Erfahrung lehrt, daß auch dann allenfalls die Predigt beſucht, der Gottesdienſt als folder nicht aus dem Verfall gerettet werde. Die Antwort auf obige Fragen iſt wohl Feine andere als die: weil die Jugend die Gebete nicht verſteht, und würde, wenn fie die Sprache ver ſtände, weil ſie den Inhalt unmöglich begreifen kann, noch mehr Laſt und noch weniger Freude am Gottesdienſte empfinden, und bei erlangter Freiheit noch entſchiedener von ihm ſich abwenden.
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