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Slawische Skelettgräber bei Kyritz am Untersee.
Von Dr. Walter Matthes.
Von den vielen Fundplätzeu aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit, welche die Feldmark der Stadt Kyritz aufznweisen hat, wurde in der Woche vom M. 9. zum 2. 4. 1927 einer untersucht, bei dem der Stand der Erdarbeiten eine Nachgrabung erforderte. Es handelt sich um Fnndplatz 11, eine kleine Erhebung am Untersee, auf der im Herbst des vergangenen Jahres bei Anlage eines Weges eine Anzahl von Skeletten angeschnitten war, von denen im wesentlichen die Schädel erhalten geblieben sind. Die Meldung an das Museum erfolgte sofort durch Herrn Konrektor Brell; und bei einer Besichtigung der Funde und des Geländes konnte auf Grund von Scherbenfunden von Frl. von Auerswald festgestellt werden, daß das angeschnittene Gräberfeld ans der Slawenzeit stammt. Eine systematische Nachgrabung auf dem Fnndplatz war für den November 1926 geplant, wurde aber bei dem Eintreten ungünstiger Witterung verschoben und konnte erst am 28. 3. 1927 ausgenommen werden Ziel der Unternehmung war, über die einzelnen Fundverhältnisse weitere Klarheit zu gewinnen, insbesondere über die Art der Beisetzung, da Gräber der Slaweuzeit in unserer Gegend bisher fast garnicht Gegenstand wissenschaftlicher Beobachtung gewesen sind.
Der Fnndplatz liegt am Westufer des Untersees gegenüber von Bantikow, südwestlich von der Insel im Untersee, etwa 250 Meter von dieser entfernt, und ist auch auf dem Meßtischblatt, Blatt Kyritz, Nr. 1646, als eine besondere Erhebung bezeichnet, welche nach Westen von einer schmalen Niederung begrenzt wird, die dem Seeufer ungefähr parallel verläuft. Auf dieser Höhe wurden einige von den Stellen, an denen im Vorjahre Skelette beobachtet waren, eingehend untersucht und außerdem neue Fundstellen freigelegt. Von drei der angeschnittenen-Skelette ließen sich noch beträchtliche Reste in ungestörtem Zustande beobachten. Die Toten lagen ausgestreckt auf dem Rücken, fast alle in Ost-West- Richtung und zwar so, daß die Füße sich im Osten, der Kopf im Westen befinden. Bei Skelett 6 hob sich deutlich noch die Grube, die vor Beisetzung des Toten ausgehoben ist, mit ihrer dunklen Erdfüllung von dem anstehenden Hellen Sande ab; und unter dem Skelett ließ eine schwarze Erdschicht noch das Vorhandensein eines vergangenen Holzsarges erkennen. Das Skelett 8 fällt durch seine andersartige Richtung auf: Wbibi—080 und zwar Kopf nach 080. Sehr beträchtlich sind die Unterschiede in der Tiefenlage: das höchstliegende befand sich 0,40 Meter, das tiefstliegende 1,95 Meter unter der Oberfläche.
Von tiefliegenden wurden zwei angetroffen (Skelett ln und 16b), welche schon bedeutend mehr als die andern verwittert waren, trotzdem sie in die gleiche Zeit zu setzen sind. Und von diesen verdient Skelett ln besondere Erwähnung, »veil es im Gegensatz zu allen anderen Gräbern verhältnismäßig reich mit Beigaben ausgestattet ist. Auch hier lag der Tote auf dem Rücken, Füße im Osten, Kopf im Westen, und zwar ruhte letzterer auf der Seite, sodaß das Gesicht nach Südeil schaute. Außer dem Schädel waren nur die Knochen des linkeu Armes und die Schenkelknochen einigermaßen gut erhalten. Auf dem rechten Arm des Leichnams war ein großes Eisenschwert niedergelegt. Sein Griff, der durch eine Parierstange von der Klinge getrennt ist und oben durch einen Knauf abgeschlossen wird, lag in Schulterhöhe, während die Spitze fast bis zum Knie reicht. Die Waffe ist recht gut erhalten und sogar Spuren einer Scheide lassen sich noch erkennen. In der Nähe der Schwertspitze fand sich ein spitzer Eisengegenstand und an der linken Hüfte Reste eines Eisenmessers. Und schließlich ist noch ein Schlittschuh aus Knochen zu erwähnen, der in derselben Tiefe wie das Skelett lag, fast 1 Meter davon entfernt, und vielleicht zufällig beim Zuwerfen der Grube' mit hineingekvmmen ist. Er ist aus dem rechten Fußknochen (iVietatarsus) des Torfrindes hergestellt*) und zeigt an der einen Längsseite deutliche Glättespuren. Auch an dieser Stelle hob sich wieder die Grube, in der der Leichnam
*1 Nach freundlicher Bestimmung von Herrn Dr. O. F. Gondert-Halle.