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Deutsche Rundschau.
x». Römische Essays von Ersilia Caetani- Lovatelli. Autorisirte Uebersetzung. Mit einem Vorworte von Engen Petersen. Leipzig, Verlag von Carl Reißner. 1891.
Die Leser der „D. R." sind durch den Aufsatz „Frauenarbeit in der Archäologie" von Prof. F. X. Kraus (1890, Bd. I.XII, S. 388) mit den Schriften der fürstlichen Römerin bekannt, welche heute eine so hervorragende Stellung in der archäologischen Literatur einnimmt. Donna Ersilia, die Tochter des verstorbenen Herzogs Caetani-Sermoneta, Wittwe des Grafen Lovatelli, stellt das merkwürdige Beispiel einer Frau dar, welche, in vornehmsten Verhältnissen ausgewachsen, ihren innern Sinn ganz auf die Erforschung des Alterthums hingerichtet und es meisterhaft verstanden hat, der Culturgeschichte desselben durch ihre eigenthüm- liche, alle Vorzüge höchster moderner Bildung und feinster weiblicher Empfindung mit männlichernster Gelehrsamkeit verbindende Methode neue und anziehende Seiten abzugewinnen. Die hier durch ein sympathisches Vorwort des Prof. Petersen, des Secretärs des deutschen archäologischen Instituts in Rom, eingeleiteten Aufsätze: Thanatos (der Tod) — Amor und Psyche
— Die Rose im Alterthum — Parvula (Spielzeuge u. s. f.) — Träume und Hypnotismus in der antiken Welt — Der Jsiscultus in Rom
— Auf dem Pincio — Sonnenuntergang in Rom — scheinen allerdings in erster Linie geignet, dem deutschen Alterthumsfreunde die Eigenart der Verfasserin vorzuführen. Seither hat die Gräfin einen neuen Band „Nmoollanoa untooIoZiegch (Rom 1891) herausgegeben, aus welchem noch mehrere Aufsätze eine Uebertragung verdient hätten. Die hier gebotene Uebersetzung liest sich im Ganzen gut; nicht zu verstehen ist, warum der Herausgeber seinem Bande keinerlei Jnhaltsverzeichniß beigegeben hat.
g. Biirger's Gedichte. Herausgegeben von Arnold E. Berger. Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe. Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut.
W. Hauff's Werke. Herausgegeben von Max Mendheim. Drei Bände. Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe. (Im gleichen Verlag.)
Eine weitere Folge von Meyer's Classiker- ausgaben, deren Werth vor Allem darauf beruht, daß in ihnen, von streng wissenschaftlichen Grundsätzen ausgehend, erstens die Methode philologischer Textkritik auch auf die neueren Schriftsteller angewendet, und daß, zweitens, dieser Text literargeschichtlich eingeleitet und erläutert wird. Zu welch' überraschenden Resultaten eine solche Behandlung längst populär gewordener Werke führt, erhellt selbst aus der vorliegenden Ausgabe von Hauff, der doch unserer Zeit noch ziemlich nahe gestanden hat. Trotzdem galt es, seine Schriften von den durch Gustav Schwab in die erste Gesammtausgabe eingeführten und seitdem immer wiederholten Aenderungen zu befreien, und ebenso durch Einleitungen und Anmerkungen uns gleichsam wieder auf den Boden der ersten Leser zurückzuversetzen, welche keinen Commentar brauchten. Wir zählen wahrlich nicht zu Denjenigen, welche den Appa
rat des Fachmanns auf Kosten der schöpferischen Thätigkeit überschätzen möchten; aber wo die Arbeit so gewissenhaft und zugleich mit solcher Discretion gethan ist, wie hier, da können wir nur unsere Freude darüber aussprechen, daß, was lange das Vorrecht der alten Autoren gewesen, nun auch den modernen zu Theil wird, und daß dem Publicum Ausgaben derselben geboten werden, welche den Ansprüchen der Wissenschaft genügen, ohne den Genuß des Lesers zu stören.
§ Meyer's Reisebücher. — Ober Italien und die Riviera von vr. Th. Gsell Fels. Fünfte Auslage. Mit 12 Karten, 34 Plänen und Grundrissen, 12 Ansichten in Stahlstich und 35 Ansichten in Holzschnitt. Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut. 1892.'
Im rechten Moment, mitten in den grauen nordischen Wintertagen, kommt diese neue Auflage des ausgezeichneten Buches, welches so manchem unsrer Landsleute schon als zuverlässiger Führer, Freund und Berather auf der Fahrt in das schöne Land unter südlicherem Himmel und an die Gestade des immerwährenden Frühlings gedient hat. Mit einem Gefühl von Dankbarkeit und der Erinnerung an die hehrsten Natur- und Kunstgenüsse wird Jeder, der ihn aus eigener Erfahrung kennt, diesen trefflich ausgestatteten Band begrüßen; doppelt, wenn sein Erscheinen ihm das Zeichen zum Aufbruch und zur Reise giebt. Aber auch wir, denen nur die Lectüre vergönnt ist, werden mit Vergnügen bemerken und anerkennen, wie sehr das Werk in der neuen Auflage gewonnen, wie viel der Verfasser und der Verleger gethan haben, um es nach allen Seiten hin reicher auszugestalten. Eingehender behandelt als in den früheren Ausgaben ist das liebliche Seenland mit seinen Abzweigungen in die Bergamasker Alpen und die Monterosathäler; ausführlicher dargestellt der traumhaft stille Jseosee, das von üppigem Grün umfangene Varesotto, die prangende Brianza; ferner sind die Venezianischen und die Cadorischen Alpen dem Reisenden zugänglicher gemacht, und endlich ist die ligursiche Riviera bis zu ihrem natürlichen Endpunkt bei Spezia weiter geführt. Neue Specialkarten der Seen, vom Gardasee bis zum Lago Maggiore, und der Riviera di Ponente sind hinzugefügt, ebenso wie die Zahl der Stadtpläne nicht unbeträchtlich vermehrt worden. Auch die für den Reisenden so sehr wichtige Rubrik der Wirthshäuser ist mit genauer Kenntniß und guter Unterscheidung der jedesmaligen Ansprüche hergestellt. Aber kann man von dem Hotel de Gönes in Genua wirklich sagen: „mit Sicht auf den Hafen"? Wir fürchten, nein. Was aber dem vortrefflichen Albergo, das mit Recht empfohlen wird, von seinem Werthe nichts nimmt. Und dann das Hotel Bellevuein dem kleinern, lieben St. Marghe- rita! Bescheiden ist es und für bescheidene Leute; doch „mäßig", in dem Sinne, wie das Wort hier erscheint, ist doch ein bischen zu wenig und dürfte vielleicht in einer folgenden Auflage mit einem wohlwollenderen Ausdruck vertauscht werden.