Heft 
(1892) 70
Seite
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Deutsche Rundschau.

Aber alle Wetter, Friedeberg, wo kommen Sie so spät her?"

Freilich, freilich und sehr zu meinem Bedauern. Aber der Fips hier treibt es zu arg oder geht in seiner Liebe zu mir zu weit, wenn ein Zuweitgehen in der Liebe überhaupt möglich ist. Ich bildete mir ein, ihn eingeschlossen zu haben, und mache mich zu rechter Zeit auf den Weg. Gut. Und nun denken Sie, was

geschieht? Als ich hier ankomme, wer ist da, wer wartet auf mich? Natürlich

Fips. Ich bring' ihn wieder zurück bis in meine Wohnung und übergeb' ihn dem Portier, meinem guten Freunde man muß in Berlin eigentlich sagen, meinem Gönner. Aber, aber, was ist das Resultat all' meiner Anstrengungen und guten Worte? Kaum bin ich wieder hier, so ist auch Fips wieder da. Was

sollt' ich am Ende machen? Ich Hab' ihn Wohl oder übel mit hereingebracht

und bitt' um Entschuldigung für ihn und für mich."

Hat nichts auf sich," sagte Schmidt, während er sich zugleich freundlich mit dem Hunde beschäftigte.Reizendes Thier und so zuthunlich und fidel- Sagen Sie, Friedederg, wie schreibt er sich eigentlich? f oder pH? Phips mit pH ist englisch, also vornehmer. Im Uebrigen ist er, wie seine Rechtschreibung auch sein möge, für heute Abend mit eingeladen und ein durchaus willkommener Gast, vorausgesetzt, daß er nichts dagegen hat, in der Küche so zu sagen am Trompeter­tisch Platz zu nehmen. Für meine gute Schmolle bürge ich. Die hat eine Vor­liebe für Pudel, und wenn sie nun gar von seiner Treue hört . . ."

So wird sie," warf Distelkamp ein,ihm einen Extrazipfel schwerlich ver­sagen."

Gewiß nicht. Und darin stimme ich meiner guten Schmolle von Herzen bei. Denn die Treue, von der heutzutage Jeder red't, wird in Wahrheit immer rarer, und Fips predigt in seiner Stadtgegend, so viel ich weiß, umsonst."

Diese von Schmidt anscheinend leicht und wie im Scherze hingesprochenen Worte richteten sich doch ziemlich ernsthaft an den sonst gerade von ihm prote- girten Friedeberg, dessen stadtkundig unglückliche Ehe, neben Anderem, auch mit einem entschiedenem Mangel an Treue, besonders während seiner Mal- und Landschaftsstudien auf der Woltersdorfer Schleuse zusammenhing. Friedeberg fühlte den Stich auch sehr Wohl heraus und wollte sich durch eine Verbindlich­keit gegen Schmidt aus der Asfaire ziehen, kam aber nicht dazu, weil in eben diesem Augenblicke die Schmolle eintrat und unter einer Verbeugung gegen die anderen Herren, ihrem Professor ins Ohr flüsterte,daß angerichtet sei".

Nun, lieben Freunde, dann bitt' ich . . ." Und Distelkamp an der Hand nehmend, schritt er, unter Passirung des Entrees, aus das Gesellschaftszimmer zu, drin die Abendtafel gedeckt war. Ein eigentliches Eßzimmer hatte die Wohnung nicht. Friedeberg und Etienne folgten.

Siebentes Capitel.

Das Zimmer war dasselbe, in welchem Corinna, am Tage zuvor, den Besuch der Commerzienräthin empfangen hatte. Der mit Lichtern und Wein­flaschen gut besetzte Tisch stand, zu Vieren gedeckt, in der Mitte; darüber hing eine Hängelampe. Schmidt setzte sich mit dem Rücken gegen den Fensterpfeiler,