Frau Jenny Treibel.
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bemächtigen Sie sich Nelson's . . . Victor^ anä 'VVestminKtar-Jdba/; das Entern ist diesmal an Ihnen. Und nun meine Damen, . . . darf ich um Ihren Arm bitten, Frau Majorin? . . . und um den Ihren, mein gnädigstes Fräulein?"
Und die Ziegenhals am rechten, die Bomst am linken Arm, ging er auf die Flügelthür zu, die sich, während dieser feiner letzten Worte, mit einer gewissen langsamen Feierlichkeit geöffnet hatte.
Drittes Kapitel.
Das Eßzimmer entsprach genau dem vorgelegenen Empfangszimmer und hatte den Blick auf den großen, parkartigen Hintergarten mit plätscherndem Springbrunnen, ganz in der Nähe des Hauses; eine kleine Kugel stieg auf dem Wasserstrahl auf und ab, und aus dem Querholz einer zur Seite stehenden Stange saß ein Kakadu und sah, mit dem bekannten Auge voll Tiessinn, abwechselnd auf den Strahl mit der balancirenden Kugel und dann wieder in den Eßsaal, dessen oberes Schiebefenster, der Ventilation halber, etwas herabgelassen war. Der Kronleuchter brannte schon, aber die niedrig geschraubten Flämmchen waren in der Nachmittagssonne kaum sichtbar und führten ihr schwaches Vorleben nur deshalb, weil der Commerzienrath, um ihn selbst sprechen zu lassen, nicht liebte, „durch Manipulationen im Laternenansteckerstil in seiner Dinerstimmung gestört zu werden." Auch der bei der Gelegenheit hörbar werdende kleine Puff, den er gern als „moderirten Salutschuß" bezeichnte, konnte seine Gesammtstellung zu der Frage nicht ändern. Der Speisesaal selbst war von schöner Einfachheit: gelber Stuck, in den einige Reliefs eingelegt waren, reizende Arbeiten von Professor Franz. Seitens der Commerzienräthin war, als es sich' um diese Ausschmückung handelte, Reinhold Begas in Vorschlag gebracht, aber von Treibel, als seinen Etat überschreitend, abgelehnt worden. „Das ist für die Zeit, wo wir Generalconsuls fein werden. . ." „eine Zeit, die nie kommt," hatte Jenny geantwortet. „Doch, doch Jenny; Teupitz - Zossen ist die erste Staffel dazu." Er wußte, wie zweifelhaft seine Frau feiner Wahlagitation und allen sich haran knüpfenden Hoffnungen gegenüberstand, weshalb er gern durchklingen ließ, daß er von dem Baum seiner Politik auch für die weibliche Eitelkeit noch goldene Früchte zu heimsen gedenke.
Draußen setzte der Wasserstrahl sein Spiel fort. Drinnen im Saal aber, in der Mitte der Tafel, die, statt der üblichen Riesenvase mit Flieder und Goldregen, ein kleines Blumenparket zeigte, saß der alte Treibel, neben sich die beiden adligen Damen, ihm gegenüber seine Frau zwischen Lieutenant Vogelfang und dem ehemaligen Opernsänger Adolar Krola. Krola war seit fünfzehn Jahren Hausfreund, woraus ihm dreierlei einen gleichmäßigen Anspruch gab: fein gutes Aeußere, seine gute Stimme und sein gutes Vermögen. Er hatte sich nämlich kurz vor seinem Rücktritt von der Bühne mit einer Millionärstochter verheirathet. Allgemein zugestanden, war er ein sehr liebenswürdiger Mann, was er vor manchem seiner ehemaligen Kollegen ebenso sehr voraus hatte, wie die mehr als gesicherte Finanzlage.