Heft 
(1897) 08
Seite
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Walter Schott und seine Werlte.

wie aus ähnlichem Holz geschnitzt. Unzweifelhaft sehr be­gabt, aber ohne strenge künstlerische Schulung und durch die Ungunst der Verhältnisse in seinem Können und Wollen beeinträchtigt, war er auf die Dauer wohl kaum der ge­eignete Lehrer gerade dieses Schülers. Um 1880 ver­tauschte deshalb der junge Schott Hannover mit der Reichs- Hauptstadt. Hier blieb ihm nach Lage der Dinge zur weiteren Ausbil­dung nichts weiter übrig, als bei einem der namhaf­ten Berliner Mei­ster als Gehilfe nnterznschlüpfen.

Auch unter den Augen von Rein­hold Begas und Fritz Schaper hat er vorübergehend gearbeitet. Seit seiner Selbständig­keit (1884) kehrte sein Name in den Katalogen der Ber­liner Ausstellungen nicht regelmäßig, aber von Zeit zu Zeit wieder. Das erste Ausstellungs­stück war eine Marmorbüste. Das Porträtfach, auf ms er sich von vornherein ange­wiesen sah, liegt ihm auch aus­nehmend gilt. Be­sitzt er doch die schöne Gabe, mit dem natürlichen Feuer seines per­sönlichen Wesens sein Werk zu durch­wärmen. Bald fesselt uns in seinen Büsten ungemein der glückliche Aus­druck seiner kraft­vollen sympathi­schen Männlichkeit, bald der eines vor­nehmen, liebens­werten Frauen­charakters. Man vergleiche nur die in diesem Blatte wiedergegebenen Büsten Kaiser Wil­helms II., des verewigten Fürsten Otto zu Stolberg- Wernigerode, des verstorbenen königlichen Konzertmeisters de Ahna mit seinen geschmackvollen, eleganten und fein­sinnigen Schöpfungen edler Frauenköpse und zarter Kinder­porträts. Schon in der vor Jahren entstandenen Büste seiner schönen blonden Gattin fand seine Fähigkeit einen künstlerisch hohen Ausdruck, so daß dieser prächtigen Leistung auf mehrereil Ausstellungen aufmunterude Anerkennung von seiten der Kritik wie des Publikums gezollt wurde.

Ein Porträtwerk von Walter Schott hat immer etwas Frappantes in der Auffassung, nichts Kleinliches, im Gegen­teil ein einfach bedeutender Eindruck der dargestellten Per­sönlichkeit scheint beabsichtigt. Wer zum Beispiel die erwähnte Büste des Deutschen Kaisers in Gardeducorps- Uniform betrachtet, wird sich wohl zugestehen, daß ein zweites so charakteristisches und zugleich repräsentatives

plastisches Bildnis des Herrschers nicht existiert. Dieser Umstand hat dazn beigetragen, daß der Kaiser ihn gern mit Auf­trägen belohnt und ihn sogar ab und zu in seinem ab­gelegenen Atelier in Wilmersdorf, dem zu einer Art Bildhauerkolonie gewordenen Vor­ort Berlins, auf­sucht, um sich per­sönlich von dem guten Fortgang irgend eines gerade in Arbeit befind­lichen Werkes zu überzeugen. Sollte dem kunstsinnigen Monarchen nicht Schotts offenbare Hinneigung zum französischen Klassi­zismus, zum Stil des rot soteil so sympathisch sein? Diese Verwandt­schaft der porträ- tistischen Behand­lung des Meisters ist keineswegs aus der Nachahmung entstanden; sie ist vielmehr der kon­geniale Ausdruck eines übereinstim­menden künstleri­schen Naturells. Schott hat auch die Antike in un­fern Museen fleißig studiert und zum Beispeil jener viel­besprochenen Auf­gabe derTan­zenden Mänade" seine keck gestal­tende Kraft ge­liehen, zunächst er-° solglos; sie hat ihn aber noch nachher gefesselt. Gleichzeitig wies ihn sein Eifer nach Italien, wo das Studium nament­lich der gewissenhaften Meister des Quattrocentos seine nie trivial wirkende Realistik verfeinerte und vertiefte. Aber den lebhaftesten, wohl für lange noch vorhaltenden Eindruck brachte er, nach eignem Geständnis, ans Paris mit, wo ihn! die Plastik der dort maßgebenden Meister auch nach der dekorativen Seite hin mächtige Anregungen bot.

Kandelaber, Sandsteingruppe im Neuen Palais zu Palsdam.