Heft 
(1897) 08
Seite
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Uebcr Land und Wecr.

Gerade für das Dekorative hatte er bereits früher ver­schiedene Proben seiner Begabung gegeben, znm Beispiel mit den Kandelabergruppen am Neuen Palais in Potsdam. Nach seinen entzückenden Modellen wurden diese Gruppen um die Stämme hoher eisengeschmiedeter Kandelaber, die an der Vorderbrüstung der ausgedehnten Schlostfreitreppe sich erheben, als kunstreiche Umhüllung in geädertem Sand­stein ausgeführt.

Zum Verständ­nis dieser Bild­werke erwäge man, daß hier die Doppelfign- ren von Mars und Venns, Pan und Bacchantin,

Satyr und Nym­phe, Fama und Jüngling und so weiter, die bald den Stamm neckisch umtan- zen, bald sich in toller Liebes- laune verbergen und Haschen, bald bei ernstem Zusammensein an dem ragen­den Stamme eine sichere Stütze finden daß diese Gruppen in Idee und Stimmung sich der idealen fridericianischen Palastschöpfnug anzuschließen hatten. Aber sie sind trotzdem ori­ginell und frisch empfunden, zu­mal die hüllen­losen Gestalten, die Nymphen und Bacchantin­nen mit Grüb­chen in den Wangen, schwel­lenden Gliedern, in verwegenen Stellungen und voll strotzender Gesundheit, wie echte Kinder der Muse Walter Schotts.

Wie sehr nun auch dieses de­korative Talent für das heute jedem ehrgeizigen Bildhauer so begehrenswerte Gebiet des Monumentalen verwendbar erscheint, traten dennoch Aufgaben solcher Gattung bis­her noch wenig an unfern Bildhauer heran. Wer da freilich weiß, welche Opfer an Zeit, Arbeit und Geld der freie Wettbewerb um Denkmäler in unsrer Zeit er­fordert, wird sich über dieses Zurücktreten Schotts nicht eben wundern, und ebensowenig darf es überraschen, daß einzelne fchaffenstüchtige, ja geniale Kräfte sich noch nie­

Fürst Otto zu Stolberg-Wernigerode.

mals unter den Siegern befunden haben, da doch der Erfolg mitunter mehr von der Kunstanschannng der Preisrichter als von dem absoluten Wert der Leistung abhängig ist. Wer sich indes der Konkurrenzmodelle Schotts für das Nationaldenkmal Kaiser Wilhelms I. und für ein Lessingdenkmal noch erinnert, der wird zugestehen, daß in beiden Fällen eine künstlerische Lösung der schwierigen

Aufgaben ernst­haft und glück­lich versucht wurde. Der Mei­ster hat übri­gens in einer der Neiterfignren für das Kaiser­haus zu Goslar als Konkur­rent des ver­storbenen Tobe- rentz - seine Befähigung für den monumen­talen Ausdruck der Plastik schon bewiesen, wie er sie in dem vom Kaiser für die Siegesallee in Berlin bestellten Denkmal Al- brechts des Bären demnächst noch erfolgreicher be­weisen dürfte.

Die Idee des Monarchen, diese den Tiergarten durchschneidende Allee mit den Standbildern der brandenbnr- gischen Fürsten und je zwei Hermenbüsten der verdientesten Männer aus allen heimischen Geschichtsepochen einzufassen, hat schon viele Fe­dern in Bewe­gung gesetzt. Sie ist im Grunde genommen nur die Erweiterung einer bereits vom Großen Kurfür­sten in dem so­genannten Ala­bastersaal des

alten Berliner Schlosses einst verwirklichten Idee, die der Schreiber dieser Zeilen in einer früheren Abhand­lung:Eine Ruhmeshalle des Großen Kurfürsten", zum erstenmal erläutert hatte. Am besten sind natürlich die­jenigen Künstler daran, die an jener Feststraße die durch große Thaten volkstümlich gewordenen Fürsten zu verbild­lichen haben, zumal die aus alter Vergangenheit, deren Gestalt und Züge nicht historisch genau feststehen, sondern der Phantasie mehr oder minder freien Spielraum lassen.