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Ämile Zola.
LMenn je die Blicke der gesamten gebildeten Welt sich EZ in einmütiger Anerkennung einer einzelnen Persönlichkeit zugewendet haben, so ist das bei Emile Zola der Fall gewesen, als er sich mit seinem mannesmutigen Schreiben über die unselige, für die ganze Entwicklung Frankreichs so verhängnisvoll gewordene Dreyfus-Angelegen- heit an den Leiter der öffentlichen Angelegenheiten seines Vaterlandes wandte. Allerdings muß aus den: Begriffe der gebildeten Welt bei diesem Anlässe der größere Teil der Landes- und Stammesangehörigen des Dichters ausgeschieden werden, was indes wenig verschlägt angesichts der einhelligen Kundgebungen, die sich für den mutigen Mann aus allen Kulturländern erhoben haben.
Selten ist so wie gegenwärtig in Zola das Idealbild des rechtschaffenen und uberzeugungstreuen Mannes verwirklicht worden, wie der altrömische Dichter es entwirft : „Ihn schreckt nicht
die Wut des verblendeten Volkshausens, nicht der drohende Blick des Tyrannen, nicht Sturmgeheul und Wettergraus; wenn der hohe Himmelsdom einstürzen sollte, würden die Trümmer einen treffen, der von Furcht nichts weiß."
Wenn Zola sich durch sein unerschrockenes Vorgehen zu einer seltenen Stufe menschlicher Größe erhebt, muß das doppelt angenehm berühren bei einem Mann, der als Künstler schon seit geraumer Zeit eine ähnliche hohe Stellung beanspruchen darf. In seiner Anerkennung ist freilich dieser Anspruch
noch nicht gar langen Datums, und es fehlt auch heute noch nicht an Stimmen, die seine Berechtigung mindestens als zweifelhaft hinstellen wollen. Hat doch in seinem Heimatlande dem Dichter jene eigentümliche akademische Instanz, die dazu berufen ist, über Ruhm und Nichtrnhm der Landeskinder zu entscheiden, die Französische Akademie, bis jetzt ihre Thore hartnäckig verschlossen gehalten, obwohl
Ueber Land und Meer. Jll. Okt.-Heste. XIV. 8.
diese sich seit Jahren schon einer Reihe minder Berufener geöffnet. Man hat es Zola verübelt, daß er sich trotz der ihm wiederholt zu teil gewordenen Abweisung immer wieder um einen Sitz unter den „vierzig Unsterblichen" Frankreichs beworben hat, ja man hat diese Schritte dem Alaune, den doch noch niemand sich um eine Gunst hat bemühen sehen, als kleinliche Eitelkeit und Strebertum auslegen wollen. Und doch wäre es nicht so schwierig gewesen,
das richtige Motiv ausfindig zu machen. Der Name Zola wurde kurz nach seinen: ersten Auftauchen vor der Oeffentlich- lichkeit mit einem Makel behaftet, von den: er sich
trotz aller gewaltigen Kunstleistungen, die sich seither an ihn geknüpft, in den Augen gewisser Kreise bis heute noch nicht gereinigt hat; der Verfasser der „Therese Raquin" und mehr noch der des großen cyklischen Romanwerkes „Die Rougon-Macquart" galt als einer der sogenannten pornographische!: Schriftsteller und geradezu als das Haupt und der Führer der modernen französischen Schmutzlittera- tur. Es war das eine Ansicht, die bei dem Erscheinen der ersten Bände der „Rougon-Macquart" noch allgemein verbreitet war und damals an denselben Stellen zun: öffentlicher: Ausdruck gelangte, die jetzt kein Bedenken tragen, den einst als „Pornographen" Verlästerten für den ersten der lebenden Dichter Frankreichs zu erklären. Nichts andres als die bündige und feierliche Widerlegung der erhobenen Anschuldigung bezweckte Zola durch seine Bewerbung um einen der Sessel der französischen Akademiker; sich seinen Anspruch auf Nachruhm von irgend einer Behörde der Welt durch „Brief und Siegel" bestätigen zu lassen, hat er nie nötig gehabt, wohl aber durfte er nach der Genugthuung streben, die von ihm verfolgte künstlerische Richtung öffentlich als eine auf ein sittliches Ziel gerichtete anerkannt zu sehen, und das hätte durch nichts eklatanter geschehen können als
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