Heft 
(1897) 09
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Uelier Lau

Ferner besitzt Turkestan auf einer Fläche von einer halben Million Quadratkilometer große Mengen von Erdöl. Ebenso findet es sich in Japan, in China, Australien, auf den Sunda- Jnseln, den Antillen, in Venezuela, Peru, Kanada, in Persien und Indien. Also nicht einmal den amerikanischen Markt könnte Rockenfeller souverän beherrschen, viel weniger noch den europäischen.

Der Petrolenmkonsum ist in Deutschland im letzten Jahrzehnt bedeutend gestiegen. Im Jahre 1888 brachte der Petroleumzoll etwas über 37p, Millionen Mark; 1894 dagegen schon mehr als 58 Millionen.

Vom Leuchtgas und von der Elektricität hat das Petroleum wenig zu befürchten, dagegen dürfte ihm ein chemisches Produkt den Rang streitig machen: das Acetylen. Nor etwa dreißig Jahren stellte es Berthelot auf dem Wege der Synthese aus Wasserstoff und Kohle dar und studierte seine chemischen und physikalischen Eigenschaften, auch die­jenige, sich in Alkohol zu verwandeln, weniger aber seine Leuchtkraft. Vor einigen Jahren gelang es, im elektrischen Ofen bei einer Temperatur von 3000 Grad durch die Reaktion von Kohle auf Kalk einen kokeahnlichen Körper zu erhalten, eine Verbindung von Kohlenstoff und Calcium. Taucht man diesen Körper in Wasser, so zersetzt er sich selber und das Wasser, und es bilden sich Kalk und Ace­tylen, eine Verbindung aus Kohlenstoff und Wasserstoff, die mit sehr Heller Flamme brennt und das Leuchtgas um das Fünszehnfache übertrisft. Ein Kubikmeter Acetylengas giebt fünfhundert Stundenkerzen. Das neue Beleuchtungs- mittel befindet sich noch im Stadium der Experimente. Es wurden Versuche zur Beleuchtung der Eisenbahnwagen an­gestellt, und wir zweifeln nicht, daß es sich bewähren wird. Giftig ist es nicht; wenigstens macht es sich, bevor es in dieses Stadium gelangt, durch den unangenehmen Knoblauch­geruch rechtzeitig bemerkbar. Ob es indessen nicht explodierbarer ist als das Leuchtgas, müssen weitere Versuche ergeben.

Ob sich das Petroleum- und das Spiritusglühlicht ein­bürgern werden, läßt sich nicht Voraussagen. Das Prinzip, das dabei in die Praxis übersetzt wird, ist dasselbe wie bei dem Gasglühlicht. Ein unverbrennbarer Körper, der Glühstrumpf, wird durch die Hitze-Entwicklung des an­gewendeten Brennmaterials in Weißglut versetzt. Das Spiritusglühlicht ist nicht ungefährlich und hat außerdem den Nachteil, daß der Glühkörper an Leuchtkraft verliert, je mehr sich der Spiritus im Behälter vermindert. Der Glanz sinkt allmählich von fünfzig Normalkerzen auf zehn herab.

^as reinlichste, vornehmste und gesündeste, aber auch das teuerste ist das elektrische Licht. Es hat seit seiner Einführung nur die eine wesentliche Veränderung erfahren, daß es durch das Glühlicht auch für kleine Räume ver­wendbar gemacht worden ist. Was sollte man mit dem Bogenlicht von mindestens 330 Normalkerzen in kleinen Räumen, das zudem noch den Nachteil hatte, daß es jede Unebenheit des Teints, jedes Puderstäubchen mit einer un­verschämten Deutlichkeit zeigte? Erst das diskrete Licht des goldig strahlenden Fadens in der Glasbirne, die sich deko­rativ verwerten läßt, verschaffte dem elektrischen Licht Ein­tritt in die Salons und Zimmer, deren Eigentümer auf den Kostenpunkt nicht zu sehen brauchen.

Das elektrische Licht ist nicht deshalb so teuer, weil die Hervorbringung des elektrischen Stromes so große Kosten verursacht, sondern weil nur der hundertste Teil der auf­gewendeten gesamten Kraft in die Glasbirne oder in die Bogenlampe gelangt. Sollten es die Elektrotechniker so weit bringen, daß mindestens fünfzig Prozent der verbrauchten mechanischen Energie verwertet werden könnten, so hätte in den großen Städten das letzte Stündlein des Gases bald geschlagen. Die Dampfmaschine vergeudet neunzig Prozent der in der Steinkohle enthaltenen mechanischen Kraft. Bleiben

und Weer.

noch zehn Hundertstel. Ein Hundertstel geht bei der Um­wandlung der mechanischen Kraft in Elektricität verloren; ein Hundertstel verflüchtigt sich in der Leitung, und von den übrigen acht Hundertstel gehen sieben als Wärme verloren, da die Glut des Leuchtfadens 2500 Grad erfordert, während das letzte Hundertstel erst als Licht zur Erscheinung kommt. Zur Erzeugung von 100 Stundenkerzen sind 0,85 Pserde- kräfte erforderlich, und die entwickelten Wärme-Einheiten betragen bloß 300 500. Im Vergleich zum Gas, das im Argandbrenner sowohl wie als Anerlicht 4860 Wärme- Einheiten entwickelt, ist das immerhin wenig, doch muß der Lichtkonsument die verminderte Wärme sehr teuer bezahlen. Eine sparsamere Einrichtung der Dampfmaschinen mit einer Einschränkung der Kraftvergeudung auf die Hälfte müßte das Ziel der Elektrotechniker wie überhaupt der Maschnientechniker sein und ist es auch. Den Vor­zug, weder Wasserdampf noch Kohlensäure zu erzeugen, also die Luft nicht zu verschlechtern, teilt das elektrische Licht mit Siemens' Regenerntivlampe. Das Auerlicht dagegen liefert stündlich immer bei hundert Norme - kerzen ungefähr einen halben Kubikmeter Kohlensäure.

Die Unmöglichkeit, die elektrische Energie in hinreichen­dem Maße aufzuspeichern, trägt ebenfalls zur Verteuerung des elektrischen Lichtes bei. Die Accumutatoren, die jetzt im Gebrauch sind, erfüllen ihre Aufgabe nur in un­vollkommener Weise; ein Drittel der ihnen anvertrauten Energie verflüchtigt sich. Durch die Verwendung der Energie zu gewerblichen Zwecken und zum Betriebe der Straßenbahnen wird erst die Anlage rentabler. Die Ver­wendung der Elektricität als Beleuchtungsmittel und als mechanische Kraft steht indessen erst im Beginn ihrer Ent­wicklung, und jeder Tag kann neue epochemachende Er­findungen bringen, so daß es sich absolut nicht bestimmen läßt, welchen Weg die Elektricität als Beleuchtungsmittel Anschlägen wird.

Neben den modernen Beleuchtungsmitteln hat sich nur noch die Kerze aus der Vergangenheit in die Gegenwart herübergerettet. Ihre Verwendbarkeit ist jedoch sehr be­schränkt. Die Oellampe ist so gut wie gänzlich verdrängt; sie hat nur noch ein kulturhistorisches Interesse. Der Entwicklungsgang der Beleuchtung während der letzten fünfzig Jahre zeigt uns, welche Fortschritte wir gemacht haben. Wir blicken heute mit Ueberlegenheit auf die Licht­quellen unsrer Väter zurück. Doch nach abermals fünfzig Jahren werden unsre Kinder mit einem gewissen mitleidigen Achselzucken auf die Zeit zurückschauen, wo wir selber zwar nicht in der Finsternis, wohl aber im Halblicht ge­wandelt sind.

Oie Seele verloren.

;^n hoher Berge gewaltiger Pracht,

Iw wallenden Schleier der schweigenden Nacht, poch über dem schlummernden Erdenthal,

Da küßtest du mich zum erstenmal.

Das war ein seliges Weiterziehn Durch Waldesrauschen und Wiesengrün.

Am brausenden Wasser im stillen Grund,

Da suchtest du abermals meinen Mund.

Und als ich ruhte in deinem Arm,

An deinen: Perzen so fest und warn:

In banger Wonne und süßer Eual,

Da küßtest du mich zum letztenmal.

An der Airchhossmauer ein Stück seitab,

Da schaufeln sie bald ein frisches Grab;

Einen Schatten nur legen sie dort zur Buh',

Denn meine Seele, die trankst ja du! L. Michael.