Stechlin.
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„Weil rauchen männlich ist."
„Und schlachten weiblich. . . Ach, Adelheid, wir können uns über so was nicht einigen. Ich gelte schon für leidlich altmodisch, aber du, du bist ja geradezu petrefakt."
„Ich verstehe das Wort nicht und wünsche nnr, daß es nicht etwas ist, dessen du dich zu schämen hast. Es klingt sonderbar gering. Aber ich weiß, du liebst dergleichen und liebst gewiß auch und hast so deine Vorstellungen dabei — den Namen Melusine."
„Kann ich beinah' sagen."
„Ich dacht' es mir."
„Ja, Schwester, du hast gut reden. So sicher wie du wohnt eben nicht jeder. Adelheid! das ist ein Name, der paßt immer. Und im Kirchenbuebe, wie mir Lorenzen erst neulich gezeigt hat, steht sogar Adelheide. Das Schluß-,e' ist bei der schlechten Wirtschaft in unserm Hause so mit drauf gegangen. Die Stechline haben immer alles vernrscht."
„Ich bitte dich, wähle doch andre Worte."
„Warum? Vernrscht ist ein ganz gutes Wort. Und außerdem, schon der alte Kortschüdel sagte mir mal, man müsse gegen Wörter nicht so streng sein und gegen Namen erst recht nicht, da sitze manch einer in einem Glashanse. Hältst du Rentmeister Fir für einen schönen Namen? Und als ich noch bei den Kürassieren in Brandenburg war, in meinem letzten Tienstjahr, da hatten wir dicht bei uns einen kleinen Mann von der Feuerversicherung, der hieß Briefbeschwerer. Ja, Adelheid, wenn ich dem gegenüber so verfahren wäre, wie du jetzt mit Gräfin Melusine, so hätt' ich mir den Alaun als eine halbe Bombe vorstellen müssen oder als einen Kngelmann. Tenn damals, es war Anno viernndsechzig, waren alle.Briefbeschwerer' bloß ,Kugelmänner': 'neFlinten- kngel oben und zwei Flintenkngeln unten. Und
eine Kartätschkugel als Bauch. Das Feuerversicherungs- mannchen aber, das zufällig so sonderbar hieß, das war so dünn wie 'n Strich."
„Ja, Dnbslav, was soll das nun alles wieder? Du giebst da deinem Zeisig mal wieder ein gut Stück Zucker. Ich sage Zeisig, weil ich nicht verletzlich werden will."
„Küss' die Hand..."
„Und was ich dir zur Sache daraus zu sagen habe, das ist das. Ich habe nichts dagegen, daß jemand Briefbeschwerer heißt, und überlass' es ihm, ob er ein Strich oder ein Kugelmann sein will. Aber ich habe sehr viel gegen Melusine. Briefbeschwerer, das ist bloß ein Zufall, Melusine aber ist kein Zufall, und ich kann dir bloß sagen, diese Melusine ist eben eine richtige Melusine. Alles an dieser Person..."
„Ich bitte dich, Adelheid..."
„Alles an dieser Dame, wenn sie durchaus so etwas sein soll, ist verführerisch. Ich habe so was von Koketterie noch nie gesehn. Und wenn ich mir dann unfern armen Woldemar daneben denke! Der is ja solcher Eva gegenüber von Anfang an verloren. Eh' er noch weiß, was los ist, ist er schon umstrickt, trotzdem er doch bloß ihr Schwager ist.
Oder vielleicht auch grade deshalb. Und dazu das ewige Sich-biegen und -wiegen in den Hüften. Alles wie zum Beweise, daß es mit der Schlange doch etwas auf sich hat. Und wie sie nun gar erst mit dem Lorenzen umsprang. Aber freilich, der ist wo möglich noch leichter zu fangen als Woldemar. Er sah sie immer an wie 'ne Offenbarung. Und sie ist auch so was. Darüber is kein Zweifel. Aber wovon?"
XXXII.
Zn guter Zeit waren die Reisenden wieder in Berlin zurück. Woldemar hatte Braut und Schwägerin bis an das Kronprinzen-Ufer begleitet, mußte jedoch auf Verbleib im Varbyschen Hause verzichten, weil im Kasino eine kleine Festlichkeit stattfand, der er beiwohnen wollte.
Der alte Graf ging, als unten die Droschke hielt, auf seinem Zimmerteppich auf und ab, müh- samlich genug, weil ihn sein Fuß, wie stets wenn das Wetter nmschlug, wieder mit einer ziemlich heftigen Neuralgie quälte.
„Nun da seid ihr ja wieder. Der Zug muß Verspätung gehabt haben. Und wo ist Woldemar?"
Alan gab ihm Auskunft und daß Woldemar wegen seines Nichterscheinens um Entschuldigung bäte. „Gut, gut. Und nun setzt euch und erzählt. Mit dein Conte, das ließ damals zu wünschen . . . verzeih Melusine... Da möcht' ich denn begreiflicherweise, daß es uns diesmal besser ginge. Woldemar macht mir natürlich kein Kopfzerbrechen, aber die Familie, der alte Stechlin. Armgard braucht selbstverständlich auf eine so delikate Frage nicht zu antworten, wenn sie nicht will, wiewohl erfahrungsmäßig ein Unterschied ist Zwischen Schwiegermüttern und Schwiegervätern. Diese sind mitunter verbindlicher als der Sohn."
Armgard lachte. „Mir Papa, passiert so was Nettes nicht. Aber mit Melusine war es wieder das Herkömmliche. Der alte Stechlin fing an, und der Pastor folgte. Wenigstens schien es mir so."
„Dann bin ich beruhigt, vorausgesetzt, daß Melusine über den neuen Schwiegervater ihren richtigen alten Vater nicht vergißt."
Sie ging auf ihn zu und küßte ihm die Hand.
„Dann bin ich beruhigt," wiederholte der Alte. „Melusine gefällt fast immer. Aber manchem gefällt sie freilich auch nicht. Es giebt so viele Menschen, die haben einen natürlichen Haß gegen alles, was liebenswürdig ist, weil sie selber unliebenswürdig sind. Alle beschränkten und aufgesteiften Individuen, alle, die eine' bornierte Vorstellung vom Christentum haben — das richtige sieht ganz anders aus —, alle Pharisäer und Gernegroß, alle Selbstgerechten und Eireln fühlen sich durch Personen wie Melusine gekränkt und verletzt, und wenn sich der alte Stechlin in Melusine verliebt hat, dann lieb' ich ihn schon darum, denn er ist dann eben ein guter Mensch. Mehr brauch' ich von ihm gar nicht zu wissen. Uebrigens könnt' es kaum anders sein. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Das ist richtig. Aber umgekehrt, wenn ich den Apfel kenne, kenn' ich auch