Heft 
(1897) 11
Seite
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von Schwiegervater und Schwager, und zwar alles in einem Zu verlieben."

Jedenfalls mehr als in den, der diese Kompli­ziertheiten doch erst schaffen soll... Also sei ruhig, freundlich Element."

XXXIII.

Das war in den letzten Dezembertagen; aus Ende Februar hatte man die Hochzeit des jungen Paares festgesetzt. In der Zwischenzeit war seitens des alten Grasen ernsthaft erwogen worden, ob die Trauung nicht aus einem der Barbyschen Elbgüter stattfinden solle, die Braut selbst aber war da­gegen gewesen und hatte mit einer ihr sonst nicht eignen Lebhaftigkeit versichert: sie hänge an der Armee, weshalb sie ganz abgesehn von ihrem teuren Frommel die Berliner Garnisonkirche weit vorziehe. Daß diese, nach Ansicht vieler, bloß ein großer Schuppen sei, habe für sie gar keine Bedeutung; was ihr an der Garnisonkirche so viel gelte, das seien die lebendigen Erinnerungen und ein Gotteshaus, drin die Schwerins und die Zietens ständen (und wenn sie nicht drin ständen, so doch andre, die kaum schlechter wären) eine historisch so bevorzugte Stelle wäre ihr an ihrem Trautage lieber als ihre Familienkirche, trotz der Särge so vieler Barbys unterm Altar. Woldemar war sehr glücklich darüber, seine Braut so preußisch-militärisch Zn finden, die denn auch, als einmal die Zukunft, also die Frage nach Verbleib oder Nichtverbleib in der Armee durch­gesprochen wurde, lachend erwidert hatte:Nein, Woldemar, nicht Abschied; ich bin sehr für Frei­heit, aber beinah' mehr noch für Major."

Aus drei Uhr war die Tranuug festgesetzt. Schon eine halbe Stunde vorher erschien der Braut- wagcit und hielt vor dein Schickedanzschen Hause, dessen Flur ausznschmücken sich die Frau Versicherungs- sekretürin nicht hatte nehmen lassen. Von der Treppe bis auf das Trottoir hinaus waren zu beiden Seiten Blumenestraden aufgestellt, ans denen die Lieblinge der Frau Schickedanz in einer Schönheit und Fülle standen, als ob es sich um eine Mai- blnmenausstellung gehandelt hätte. Hinter den Estraden aber hatten alle Hausbewohner Aufstellung genommen, Lizzi, Frau Imme und sämtliche Hart­wigs und natürlich auch Hedwig, die, nach ganz kurzem Dienst im Kommerzienrat Seligmannschen Hause, vor etwa acht Tagen ihre Stellung wieder aufgegeben hatte.

Gott, Hedwig, war es denn wieder so was?"

Nein, Frau Imme, diesmal war es mehr."

Frommel traute. Die Kirche war dicht besetzt, auch von bloß Neugierigen, die sich, che die große Orgel einsetzte, die merkwürdigsten Dinge mitznteilen hatten. Tie Barbys seien eigentlich Italiener aus der Gegend von Neapel, und der alte Graf, was man ihm auch noch ansehn könne, sei in seinen jungen Jahren unter den Carbonaris gewesen; aber mit einem Male Hab' er geschwenkt und sei zum Verräter an seiner heiligen Sache geworden. Und

weil in solchem Falle jedesmal einer zur Vollstreckung der Gerechtigkeit ausgelost würde (was der Graf auch recht gut gewußt habe), Hab' er vorsichtiger­weise seine schöne Heimat verlassen und sei nach Berlin gekommen und sogar an den Hof. Und Friedrich Wilhelm IV., der ihn sehr gern gemocht, Hab' auch immer italienisch mit ihm gesprochen.

Das Hochzeitsmahl fand im Barbyschen Hanse statt, notgedrungen en Mit oomike, da das große Mittelzimmer, auch bei geschicktester Anordnung, immer nur etwa zwanzig Personen aufnehmen konnte. Der weitaus größte Teil der Gesellschaft setzte sich aus uns schon bekannten Personen Zusammen, obenan natürlich der alte Stechlin. Er war gern gekommen, trotzdem ihm die Weltabgewandtheit, in der er lebte, den Entschluß aufänglich erschwert hatte. Tante Adel­heid fehlte.Trösten wir uns," sagte Melusine mit einer ihr kleidenden Ueberheblichkeit. Selbstver­ständlich waren die Berchtesgaden da, desgleichen Rep und Czako, sowie Cujacius und Wrschowitz. Außerdem ein, behufs Abschluß seiner landwirtschaftlichen Stu­dien, erst seit kurzem in Berlin lebender junger Baron von Planta, Neffe der verstorbenen Gräfin, zu dein sich des weiteren ein Premierlieutenant von Szilagy gesellte (Freund und früherer Regiments­kamerad von Woldemar) und ein IW. Pusch, den die Barbys noch von ihren Londoner Tagen her gut kannten. Dem Brautpaare gegenüber saßen die beiden Väter, beziehungsweise Schwie­gerväter. Ta weder der eine noch der andre zu den Rednern zählte, so ließ Frommel das Braut­paar in einem Toaste leben, drin Ernst und Scherz, Christlichkeit und Humor in glücklichster Weise ver­teilt waren. Alles war entzückt, der alte Stechlin, Frommels Tischuachbar, am meisten. Beide Herren hatten sich schon vorher angefrenudet, und als nach Erledigung des offiziellen Toastes das Tischgespräch ganz allgeniein in Konversation mit dem Nachbar überging, sahen sich Frommel und der alte Stechlin in Anknüpfung einer intimeren Privatunierhaltuug nicht weiter behindert.

Ihr Herr Sohn," sagte Frommel,wovon ich mich persönlich überzeugen konnte, wohnt sehr hübsch. Darf ich daraus schließen, daß Sie sich bei ihm eiulogiert habend"

Nein, Herr Hosprediger. So bei Kindern wohnen ist immer mißlich. Und mein Sohn weiß das auch; er kennt den Geschmack oder meinetwegen auch bloß die Schrullenhaftigkeit seines Vaters, und so hat er mich, was immer das beste bleibt, in einem Hotel untergebracht."

Und Sie sind da zufrieden?"

Im höchsten Maße, wiewohl es ein bißchen über mich hinausgeht. Ich bin noch aus der Zeit von Hotel de Brandebourg, gutes altes Hotel, an dem mich immer nur die Französierung ärgerte, sonst alles vorzüglich. Aber solche Gasthäuser sind, seit wir Kaiser und Reich sind, altmodisch ge­worden, und so bin ich denn durch meinen Sohn im Hotel Bristol untergebracht worden. Alles ersten Ranges, keilt Zweifel, wozu noch kommt, daß mich