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Das Schächten vom Standpunkt der Religion und des TierschutzesSchächten vom Standpunkt der Religion und des TierschutzesSchächten vom Standpunkt der Religion und des Tierschutzes : eine gemeinverständliche Darstellung / von J. Unna
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Zuſchriften wirken zum großen Teil nur als Gefühlsäußerungen; viele machen den Eindruck, als ob der Schreiber feiner ganzen Ab= neigung gegen Juden und Judentum in feinemGutachten habe Luft machen wollen. Von denjenigen Gutachtern, die ſich ohne jede Begründung als Gegner des Schächtens bezeichnen, kann man ab­ſehen. Im übrigen gibt die immerhin befremdliche Feſtſtellung zu denken, daß ein Drittel der Gutachter in Orten ohne jüdiſche Ge. meinde lebt, ferner ein noch größerer Teil in Orten mit ſo win= ziger jüdiſcher Bevölkerung, daß ſie auf Einführung rituellen Fleiſches von außerhalb angewieſen iſt. Für die Form, in welcher manche dieſer wiſſenſchaftlich gebildeten Herren ihreGutachten abgeben, ſei auf folgende Aeußerung hingewieſen:Ich halte es für ausgeſchloſſen, daß ein normal denkender Menſch, der das Schächten aus eigener Anſchauung kennt und dieſes in Vergleich ſtellt zu den modernen, vorzüglichen Betäubungsmethoden, noch aus Ueberzeugung behaup­ten kann, das Schächten ſei eine humane Tötungsart und keine Tierquälerei.(S. 70) Alſo alle die großen Gelehrten, die ihr Votum für das Schächten abgaben, dieſe Zierden deutſcher und europäiſcher Wiſſenſchaft, fie waren keine normal denkenden Men: ſchen! Wer mit ſolchen Uebertreibungen arbeitet, der kann nicht mehr beanſpruchen, ernſt genommen zu werden. Man kann ſich nicht mit Gutachten auseinanderſetzen, deren Inhalt ſich erſchöpft in einem monotonen Einerlei beſchimpfender Aeußerungen: das Schächten iſt roh, gemein, ſcheußlich, barbariſch, es iſt eine abſcheuliche Tier= quälerei, eine fürchterliche Schinderei, eine Kulturſchande, eine gemeine Quälerei, die denkbar entſetzlichſte Tötung uſw. uſw.

Verrohung der Jugend Wenn nun gar als eine Wirkung des Schächtens Verrohung der Zugend bezeichnet wird, ſo kann man über ein ſolches Argument nur lächeln. Gewiß iſt der Schlachthof keine Stätte, um zur Fein: fühligkeit zu erziehen, und man wird ſich damit abfinden müſſen, daß die dort tätigen Menſchen gegen die Eindrücke, die fie empfan= gen, und gegen das Töten von Tieren abgeſtumpft werden; das gilt aber für die anderen Tötungsarten genau ſo wie für das Schächten. Für die beim Schächten unmittelbar beteiligten Per­ſonen werden dieſe Wirkungen infolge des rituellen Charakters der Handlung ſich ſogar in geringerem Grade äußern; jedenfalls iſt es eine Tatſache, daß es unter den Schächtbeamten nicht weniger barm­herzige und zartfühlende Menſchen gibt als in anderen Kreiſen. Die Jugend im allgemeinen aber hat in den Schlachthäuſern nichts zu ſuchen.

Das Volksempfinden Auch das Volksempfinden, dem das Schächten zuwider ſei, wird ins Treffen geführt. Man muß dabei aber bedenken, daß dieſes Empfinden mancher Volkskreiſe nur eine Folge der maßloſen Agi­tation gegen das Schächten iſt. Wenn in antiſemitiſchen und in Tierſchutzzeitſchriften das Schächten fortwährend mit tendenziöſen Uebertreibungen als unmenſchliche Tierquälerei hingeſtellt und jeder ſachlichen Erwiderung die Aufnahme verweigert wird, wenn die

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