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Das Schächten vom Standpunkt der Religion und des TierschutzesSchächten vom Standpunkt der Religion und des TierschutzesSchächten vom Standpunkt der Religion und des Tierschutzes : eine gemeinverständliche Darstellung / von J. Unna
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tiſchen Erfahrung. Der Münchener Tierfhußgverein) hat unter dem TitelDie deutſchen Tierärzte gegen das betäubungsloſe Schächten(2. Aufl. München 19263) eine Sammlung von Gutachten und Zuſchriften deutſcher Tierärzte herausgegeben, die ſich z. T. in heftigſter Weiſe gegen das Schächten wenden. Sie ſehen darin eine Methode,die den von ihr betroffenen Tieren Qualen bereitet, die Zugend verroht und dem Volksempfinden zuwider iſt. In der Tat iſt die Zahl der Gutachten eine ſo große, daß ſie auf den Laien Eindruck machen muß. Wenn aber der Münchener Tierſchutzverein in feiner Eingabe an den Landtag bemerkt, daß 98,5 bzw. 95,5 R aller eingelaufenen Antworten von Schlachthofvorſtänden, Tier ärzten, Profeſſoren uſw. die Schächtvorbereitungen bzw. den Schächt­ſchnitt für ſchmerzhaft und grauſam erklärt hätten, ſo erfährt dieſe Behauptung ihre richtige Beleuchtung, wenn man ſie durch die Zahlen ergänzt, die in der Eingabe nicht enthalten ſind. Es gibt in Deutſchland über 850 Schlachthäuſer mit etwa 1100 an dieſen tätigen Tierärzten, annähernd 1000 Bezirkstierärzte, etwa 250 Profeſſoren, Dozenten und Hilfsarbeiter an den tierärztlichen Hochſchulen ohne die Tierärzte an Verſuchs- und Zuchtanſtalten. Es dürften alſo etwa 2300 Fragen ergangen ſein. Die Schächtgegner haben zweifellos ihre ablehnende Haltung mitgeteilt, ſo daß mit großer Wahrſchein­lichkeit anzunehmen iſt, daß von allen angegangenen Perſonen ſich nur zwanzig Prozent, die im Verhältnis zu ſämtlichen beamteten Tierärzten nur 3 Prozent ausmachen, als Schächt= gegner ausgeſprochen haben. Trotzdem iſt es auffällig, daß unter den früheren, dem Schächten günſtigen Gutachten (ſ. S. 16) eine ſehr große Anzahl praktiſcher Tierärzte waren, daß z. B. von den 457 Gutachten der Sammlung 1908 nicht weniger als 310 von Ober-, Kreis⸗, Bezirks- und Schlachthoftierärzten her­rührten! Auch dieſe Tierärzte waren doch Männer derpraktiſchen Erfahrung, auch ſie waren doch wohl fühlende Menſchen, und doch wurden ſie nicht vonEkel und innerer Empörung erfaßt, nicht von Entſetzen gepackt, wie ihre modernen Kollegen. Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man die veränderte Stimmung mit der antiſemitiſchen Strömung an den deutſchen Hochſchulen in Verbin= dung bringt. Die Gegner der Schächthetze, die nach der oben gegebenen Statiſtik ſicher ſehr zahlreich ſind, ſchweigen, weil ſie ſich nicht An= griffen und Verdächtigungen ausſetzen wollen. Dieſes Urteil wird ſich jedem aufdrängen, der die Sammlung unbefangen prüft. Die

1) Der Münchener Tierſchutzuerein, der ganz unter national-= ſozialiſtiſchem Einfluß ſteht, bildet heute die Zentrale der Agitation gegen das Schächten.

) Die 3. Auflage iſt 1927 erſchienen.

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