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Stand und Herkunft der Bischöfe der Magdeburger und Hamburger Kirchenprovinzen im Mittelalter / von Gerhard Müller-Alpermann
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Rũckblick auf die Hamburg - Bremer Kirchenprovinz.

Bis zum Wormſer Konkordat gelangten mit einer Ausnahme Angehörige edler Geſchlechter zur biſchöflichen Regierung: Erz biſchof Liemar (1072 1101) entſtammte einem bayriſchen Reichs miniſterialengeſchlechte. Er wurde am Hofe unter Zuſtimmung der dort anweſenden Biſchöfe ohne Teilnahme der Bremer Kirche erwählt. Von den vier Miniſterialen im 12. Jahrhundert ge­hörten drei derſelben Familie an, Erzbiſchof Hartwig II. von Uthlede , fein Bruder Sigebodo und beider Neffe Dietrich L, Biſchof von Lübeck . Hartwig wurde durch Wahl des Kapitels unter Zuſtimmung des übrigen Klerus und der Laien erhoben, ſein Bruder blieb Elekt in Lübeck . Seit dem 13. Jahrhundert kamen in zunehmendem Maße Miniſterialen und Ritter zur Regierung. Hierbei iſt zu bedenken, daß in Mecklenburg edle Familien faſt ganz fehlten, das Rittertum ſchon mächtig und angeſehen war und ſeine Söhne die Kapitel allein beherrſchten, bis ſich ein neues Element vordrängte: das Bürgertum. Im 12. Jahrhundert war ſchon in Vicelin ein Mann niederer Her­kunft mit der biſchöflichen Würde ausgezeichnet worden. Mit der Leitung des Lübecker Bistums wurden im 13. Jahrhundert abermals zwei Bürgerſöhne betraut, und in den beiden letzten Jahrhunderten waren hier Biſchöfe aus anderen Ständen ſelten. Richt ganz ſo ſtark war der bürgerliche Einfluß in den beiden übrigen Suffraganen Schwerin und Ratzeburg , wo erſt ſeit der zweiten Hälfte des 14. bezw. mit Beginn des 15. Jahrhunderts Bürgerſöhne auf dem Biſchofsſtuhle erſcheinen. In der Metropole ſelbſt gab es nur zwei Erzbiſchöfe dieſes Standes. Das Vor­dringen des bürgerlichen Elementes iſt erklärlich auf einem Boden, wo das Bürgertum zu einem bedeutenden Machtfaktor geworden war. Je ſelbſtbewußter es ſich gebärden konnte, deſto größer wurde der Prozentſatz der Bürgerſshne im Kapitel. Hatte man in früheren Jahrhunderten oft Männer aus ferneren Landen zur biſchöflichen Regierung berufen, ſo war es ſpäter das Be­ſtreben der Kapitel, möglichſt Einheimiſche und Mitglieder des eigenen Stiftes zu erheben. In Lübeck führte dies dazu, daß häufig Söhne der eigenen Stadt erwählt wurden. ö;

Bis zum Wormſer Konkordat war der Wille des Königs bei der Beſetzung ausſchlaggebend. In der Folgezeit nahm Heinrich der Löwe mehrmals Ernennungen vor. Seit dem 14. Jahr­hundert war der Papſt der Gegner des freien Wahlrechtes der Kapitel und ernannte häufig Biſchöfe. Die Inanſpruchnahme des Ernennungsrechtes führte zur Zeit des Doppelpapſttums zu Streitigkeiten, beſonders zu Ende des 14. Jahrhunderts. Im 15. Jahrhundert wurden die Verhältniſſe bei den Wahlen geord­neter; der Papſt beſtätigte in der Regel die Erwählten der Kapitel.

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