Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1903) Goethe ; Theil 2
Entstehung
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Das Geistige,

Die Kinderliebe war bei Goethe sehr gross. Von der Jugend bis zum höchsten Alter zeigte er sich als Kinderfreund; er sucht die Kinder auf, widmet sich ihnen, erträgt sie mit grosser Geduld. Als Kind ar­beitet er für den kleinen Bruder, in Wetzlar ist er der Freund der Buffischen Knaben, wie ein Vater sorgt er für Fritz Stein, innige Zärtlichkeit widmet er dem eigenen Kinde(grüsse das gute Kind ist eine stehende | Formel) und später den Enkeln.*)

Es befremdet, so wenig von Thierliebe zu hören. Indessen fehlte wohl die Anregung. Auf jeden Fall war Goethen jede Härte gegen die Thiere fremd. Im Anfange betheiligte er sich zuweilen an den Jagden des Herzogs, aber bald wollte er nichts davon wissen. Dass er wirklich Abneigung gegen die Hunde gehabt habe, glaube ich nicht. Der Herzog kränkte mit seinen Hunden die von Goethe im Stillen geliebte Herzogin, daher kam wohl der Aerger. Stocks Windspiel in Leipzig war sein Liebling. Von dem Pudel bei der Campagne 1792 erzählt er freundlich. In seinen No­vellen spielen mehrmals Hunde eine Rolle. Mit leb­haftem Interesse lässt er sich von Eckermann über das Treiben der Vögel berichten, und als dieser die Für­sorge der Grasmücken für ein verlassenes Vögelchen schilderte, hat er das schöne Wort gesprochen: Närrischer Mensch! wenn Ihr an Gott glaubtet, so würdet Ihr Euch nicht verwundern.

*) Genaueres in Karl Muthesius, Goethe ein Kinderfreund. Berlin 1903.

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