Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1903) Goethe ; Theil 2
Entstehung
Seite
61
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Bildende Kunst. Optische Phantasie.

N tasie mit. Zuerst war sein optisches Gedächtniss sehr gut. Am 17. Mai 1826 sagte er:Ich bin hin­sichtlich meines sinnlichen Auffassungvermögens so seltsam geartet, dass ich alle Umrisse und Formen aufs schärfste und bestimmteste in der Erinnerung be­halte. Sodann hatten seine Erinnerungen so sinn­liche Fülle, dass sie zuweilen an Hallucinationen er­innerten. Ich glaube nicht, dass Goethe je wirklich hallucinirt habe; die Erscheinung im hechtgrauen An­zuge und ähnliche Bilder sind offenbar nur Phantasie­vorstellungen. Endlich ist an das Spiel der Bilder zu erinnern. Goethe spricht über die phantastischen Ge­sichtserscheinungen Johannes Müllers. Er selbst könne das Thema der bei geschlossenen Augen vor dem Schlafe auftretenden Erscheinungen willkürlich angeben; dann erfolge scheinbar unwillkürlich, aber gesetzmässig und symmetrisch das Umgestalten. An anderer Stelle heisst es:Ich hatte die Gabe, wenn ich die Augen schloss und mit niedergesenktem Haupte mir in der Mitte des Sehorgans eine Blume dachte, so verharrte sie nicht einen Augenblick in ihrer ersten Gestalt, sondern sie legte sich auseinander, und aus ihrem Innern entfalteten sich wieder neue Blumen aus farbigen, auch wohl grünen Blättern; es waren keine natürlichen Blumen, sondern phantastische, jedoch regelmässig wie die Rosetten der Bildhauer. Es war unmöglich, die hervor­quellende Schöpfung zu fixiren, hingegen dauerte sie so lange, als mir beliebte, ermattete nicht und ver­stärkte sich nicht(zur Naturwissenschaft im Allge­meinen).