Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1903) Goethe ; Theil 2
Entstehung
Seite
62
Einzelbild herunterladen

Das Geistige.

Der Bausinn oder die Anlage zu nützlichen Künsten war bei Goethe nicht. gross. Er hat sich viel mit Architektur beschäftigt, seine Begeisterung für Palladio hat sogar etwas Fanatisches, aber man hat den Ein­druck, als ob mehr das Poetische in den Bauwerken (wenn man so sagen darf) ihn angezogen hätte, wie er denn auch die Bilder eigentlich nur als Dichter ansah. Wo er selbst eingriff, war er nicht sehr glücklich, und das eigentlich Mechanische war ihm, wegen des Mangels an mathematischer Anlage, fremd.

Auch der Tonsinn oder die musikalische Anlage war nicht gross. Goethe hatte Freude an der Musik, und er hat sich sein Leben lang mit Musik und Mu­sikern viel beschäftigt, aber auf ein tieferes Eindringen deutet nichts. In Strassburg nahm er Unterricht im Violoncell-Spielen, es scheint aber nicht lange gedauert zu haben. Am 13. Juni 1796 schreibt er selbst:Musik kann ich nicht beurtheilen. Aehnlich 1804 an Zelter: Musik kann ich nicht beurtheilen, denn es fehlt mir an Kenntniss der Mittel, deren sie sich zu ihren Zwecken bedient; ich kann nur von der Wirkung sprechen, die sie auf mich macht, wenn ich mich ihr rein und wiederholt überlasse; und 1805:Ich kenne Musik mehr durch Nachdenken als durch Genuss und also nur im Allgemeinen. DasNachdenken bezieht sich wohl auf sein Interesse an Akustik und einzelnen musiktheoretischen Fragen. Am 2. Mai 1820 heisst es:Und so verwandle ich Ton- und Gehörloser, ob­gleich Guthörender jenen grossen Genuss in Begriff und Wort. Der Nutzen, den die Musik Goethen ge­