Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1903) Goethe ; Theil 2
Entstehung
Seite
64
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Das Geistige,

klärung immer auf Grössenverhältnisse führt. Weil Goethe diese Richtung auf das Quantitative nicht ver­stand, konnte er sich in die Stellung der Physiker zur Optik nicht finden, und weil er Psychologie, Physiologie und Physik durch einander brachte, machte er die bitter­sten Erfahrungen seines Lebens. Damit sollen die Gleich­giltigkeit der Gelehrten gegen das Richtige in seiner Farbenlehre und ihr gemeines Todtschweigen nicht entschuldigt werden, wohl aber ist Goethes Einseitig­keit begreiflich aus der Eigenthümlichkeit seiner Organi­sation. Auf Grund seiner Erfahrungen fasste Goethe einenPik gegen Mathematik und Mathematiker, der manchmal zu wunderlichen Aeusserungen führte. So schreibt er am 28. Nov. 1811 an Zelter:Die Mathe­matiker sind närrische Leute, und sind so weit entfernt auch nur zu ahnden worauf es ankommt, dass man ihnen ihren Dünkel nachsehen muss. Ich bin sehr neugierig auf den ersten der die Sache einsieht und sich redlich dabey benimmt: denn sie haben doch nicht alle ein Brett vor dem Kopfe, und nicht alle haben bösen Willen. Uebrigens wird mir bey dieser Gelegen­heit immer deutlicher, was ich schon lange im Stillen weiss, dass diejenige Cultur, welche die Mathematik dem Geiste giebt, äusserst einseitig und beschränkt ist. Ja, Voltaire erkühnt sich, irgendwo zu sagen: jai toujours remarque que la Geometrie laisse lesprit ou elle le trouve. Auch hat schon Franklin eine besondere Aversion gegen die Mathematiker, in Absicht auf gesel­ligen Umgang, klar und deutlich ausgedrückt, wo er ihren Kleinigkeits- und Widerspruchsgeist unerträglich findet.