Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1903) Goethe ; Theil 2
Entstehung
Seite
254
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Anmerkungen zuGoethe und Gall,

nie nöthig, wenn nur immer andere Organe wirkten.) 2) Die verschiedenen Seelenkräfte stehen bey den verschiedenen Indivi­duen, sowohl Menschen als Thieren, in verschiedenem Verhält­niss.(Das ist wahr; allein dazu bedarf es keiner verschiedenen Organe, sondern das Substrat der inneren Seelenthätigkeit, und die Erregungsgrade des Gehirns, sowie dessen Einwirkung auf die Hemisphäre und die Zurückwirkung auf die Organe der Be­wegung können verschieden seyn.) 3) Die Geistesvermögen sind in den verschiedenen Klassen der Thiere in ungleichen Ver­hältnissen; Gehirn haben sie alle.(Allein ihre Sinnesorgane be­dürfen nur ungleicher Empfänglichkeit für äussere Eindrücke, das Gehirn selbst kann verschieden seyn an Gehalt, Erregung u. s. w.) 4) Die Geistesverrichtungen und Kräfte entwickeln sich nicht in gleichem Grade und zu gleicher Zeit.(Diess ist aber leicht da­raus zu erklären, dass das Gehirn allmählich mehr ausgebildet, und daher für manche Verrichtungen geschickter wird, endlich nimmt seine Erregbarkeit ab u.s.w. Zugleich ist auf die Er­ziehung und Bildung zu sehen, auf die einmal gegebenen Ein­drücke, wie darauf weiter gebaut wird. Wozu da eigene Organe?) 5) Sollen die partiellen Geisteskrankheiten, soll die partielle Inte­grität etwas für die Organe beweisen. Allein auch dieser Grund ist unstatthaft. Dass einzelne Ideen lebhafter werden, andere schwinden, kann daraus erklärt werden, dass die Thätigkeit des Gehirns für eine Aeusserungsart desselben erhöht oder vermindert seyn kann; Ackermann erklärt es durch die mechanische Anord­nung der Ideen, die kein Arzt als das Substrat höherer Geistes­fähigkeiten geleugnet hat.

Der Platz, welchen Gall seinen Organen anweiset, ist höchst unglücklich ausgedacht, nämlich in der Rindensubstanz des Ge­hirns, in welcher das Nervenmark noch gar nicht ausgebildet ist, aus welcher es entspringt, wohin aber keineswegs Nerven gehen, wie Gall annimmt. Jene Gefässsubstanz schickte sich schlecht zum Sitz solcher edlen Organe, und was Ackermann von ihrer krankhaften Ausdehnung, wobey sich ihre Structur noch mehr bewährt, angiebt, ist gewiss keinem Zweifel unterworfen. Und nun betrachte man überdiess, wie sich hier Organ an Organ legt, und keines von dem anderen abgesondert ist, weder durch seine Beschaffenheit noch durch irgend eine Grenze. Nimmt man gar mit Gall an, das Hirn sey ein zusammengefaltetes Tuch,