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Reils Recension.
so muss er sich mit dem Zirkel darauf die Grenzen für seine Organe abstecken, denn die Natur gab sie nicht; er selbst aber verwirrt auf die wunderlichste Art seine eigene Arbeit. Man höre! An einer und derselben Stelle hat er zwey Organe, das der Gutmütigkeit und das der Darstellungsgabe, die doch wohl selbst beide nichts mit einander gemein haben. Ist nämlich am oberen Theil des Stirnbeins nur die Mittellinie hervortretend, so bezeichnet diess die Entwickelung des Sinns der Gutmüthigkeit: ist der ganze Theil kugelich, so schliesst er auf Entwickelung der Darstellungsgabe. Auf ähnliche Art macht er es mit seinem sogenannten vergleichenden und speculativen Scharfsinn, welche zuweilen beide vom medicinischen Beobachtungsgeiste verdrängt werden. Die mehresten, welche gegen Gall geschrieben, haben diesen Punkt übersehen; Rec. hält ihn für die ärgste Blösse dieser Hirngespinste. Die ganze Annahme dieser Hirnorgane erscheint auch so überflüssig wie möglich, wenn man die Structur des Gehirns betrachtet; man sieht, wie die Sinnesnerven zum Inneren des Gehirns dringen, und die Sinneshügel bilden, und diese hängen mit dem Mark der Hemisphären zusammen; die von da zum Rückenmark durch die Pyramidalhügel laufenden Markstreifen geben die entgegengesetzte Sphäre. So erhält das Gehirn die Eindrücke der Aussenwelt auf dem einen Wege, wirkt auf dem anderen auf sie zurück, und im mittleren Hirnmark selbst geschehen die Seelenverrichtungen. Der Mensch besitzt ausgebildetere Sinnesorgane(bis auf das Geruchsorgan), grössere Sinneshügel(wie A. behauptet, welches aber gerade auf den bey dem Menschen so ausgebildeten Sinn des Tastens nicht anzuwenden ist), und eine grössere Markmasse an den Hemisphären des grossen und kleinen Gehirns.— Was Gall von den allgemeinen Vermögen sagt, die sich über alle Organe verbreiten sollen, ist sehr unrichtig, wenn er allen Gewissen zuschreibt, u. dergl. m.; besonders wenn er ein jedes gradweise sich erhöhen lässt, nun in jedem Urtheilskraft sucht u. Ss. W. Wie falsch diess sey, sieht man schon daraus, dass wir Dinge vergleichen und daraus ein Urtheil ziehen können, obgleich dieselben nach Gall verschiedenen Organen angehören. Diess müsste nie geschehen, wenn das Urtheil über jede Sache sich nur auf Ein Organ be
schränkte. Durch das, was Rec. ausgehoben hat, zeigt sich das Un