Heft 
(1956) 12
Seite
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Schweden 50 Bürger zu Tode gemartert haben, weil diese nichts mehr hatten, um die Forderungen der plündernden Soldaten zu erfüllen. Bei dem durch die Schweden verursachten Brand seien sogar 25 Kinder in die Flammen geworfen worden. In Meyenburg, Wittstock, Wittenberge, ja, in der ganzen Prignitz spielte sich ähnliches ab. Kein Bauer wagte sich mehr zum Bestellen der Äcker aus seinem Schlupfwinkel heraus.Nunmehr wurde Brot aus Kleie, Spreu und Eicheln gebacken, die Heringslake wurde hoch bezahlt, da die Leute damit das in Wasser gekochte Gras und Kraut kochten. Hunde-, Katzen- und Wolfsfleisch wurden ein vielbegehrter Lecker­bissen. Selbst das Aas gefallener Tiere wurde mit Heißhunger verschlun­gen. Infolge der Hungersnot brachen allerhand Seuchen aus. Die Ruhr, die Pest und der Hungertyphus forderten ihre Opfer, so daß die Menschen wie die Fliegen dahinstarben. 6 )

Welches Ausmaß die Bevölkerungsverluste durch die Pest hatten, zeigt folgende, bei weitem nicht vollständige Übersicht der an dieser Seuche gestorbenen Menschen in nur drei Städten. (Selbstverständlich befanden, sich darunter auch ortsfremde Personen, Soldaten u. a.)

Kyritz Pritzwalk Wittstock

1626 800 138

1631 261 (231?) davon nach der Schlacht

1636 305 (4. Okt.) allein 101

1638 1500 1599 Hungersnöte 7 )

Wer sein Leben aus Krieg und Seuche noch hatte retten können, floh aus dieser Hölle des Leidens und suchte Schutz und Obdach in ruhigeren Ge­genden. Die Flammeh der brennenden Dörfer und Städte leuchteten weit über die Prignitz hinaus. Kyritz brannte wiederholt (1622, 1627, 1634 und 1636); Wittenberge zweimal, Lenzen, Perleberg und Pritzwalk teilweise nieder. In Putlitz betrug der Schaden durch Brandschatzung von 1625 bis 1645 rund 200 000 Taler. Die Prignitz wurde menschenleer. Schätzungen beziffern die Zahl der Landbewohner auf ein Zehntel der früher ansässigen Bevölkerung. 8 )

So wundert es nicht, wenn die Unterschrift unter einem Beschwerdebrief vom 7. Januar 1641 an den neuen Kurfürsten Friedrich Wilhelm lautet: In dem ganzen ruinierten Prignitzirischen Kreise sich annoch befindene arme Unterthanen. Es wird angegeben, daß nachangestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute gefunden wurden . . , 9 ) Dazu müssen freilich noch die Kätner gerechnet werden, deren Zahl aber gering war.

Das letzte Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges verlief dann für die Prignitz relativ ruhig, obwohl auch dann noch durchziehende und maro­dierende Truppenteile Unsicherheit verbreiteten und Plünderungen Vor­nahmen.

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