Heft 
(1956) 4
Seite
109
Einzelbild herunterladen

Da nun jede der Berufsgruppem versuchte, sich ihre Rechte zu erhalten und sogar Vorrechte zu erkaufen, entstanden zum Schutz der einzelnen Berufs­gruppen die Gilden. Die ersten Lenzener Gilden werden schon im 13., besonders aber vor allem im 14. Jahrhundert verzeichnet.

Entwicklung der Gilden

Zu den allerältesten Gilden Lenzens gehören die Schuster, die in der ,Schusterstraße 1 , der heutigen Kellerstraße, wohnten, dann die Tuchmacher, die Bäcker und die ,Schrötter oder .Schröder' (so hießen die Schneider). 1380 bereits bestätigt der Rat den Schuhmachern ihre Markt- und Städte­gerechtigkeit gegen eine jährliche Zahlung von 50 Gulden und 20 Schilling. Bis in das 15. Jahrhundert ist ein Wachsen und Blühen der Gilden fest­zustellen. Ihre Forderungen, die sie in ihren Zunftordnungen aufstellen, dienen der Ordnung und sittlichen Besserung im Handwerk. Durch eine straffe Führung gewinnt das Handwerk an Ansehen, zugleich stärkt die Gilde das Selbstbewußtsein des einzelnen Handwerkers. Die Zunft­ordnungen setzen die Ausbildungszeit für Lehrlinge und die Wanderjahre für Gesellen sowie die Prüfungsbestimmungen fest, und die Zünfte besaßen z. T. sogar eigene Gerichtsbarkeit. Die Zunftordnungen enthielten auch Schutzbestimmungen gegen Pfuscher (das waren frei arbeitende Gesellen ohne Meisterprüfung). Vor allem sorgten sie auch für eine einwandfreie Ware und termingerechte Ablieferung der Erzeugnisse an die Kunden. Während anfangs die Gilden sich ihre Zunftordnungen selbst gaben, unter­lagen diese später der Genehmigung durch den Landesherrn.

Um ihre Macht zu verstärken, schlossen sich verschiedene Berufsgruppen zusammen; so gehörten in Lenzen die Lohgerber zur Schusterinnung, die Schneider zu den Tuchmachern. Aber schon im Jahre 1454 fühlte sich die Schneidergilde durch das Anwachsen ihrer Mitgliederzahl stark genug, ein selbständiges ,Gewerk' zu bilden. Gleichzeitig damit versuchten die vier Lenzener Innungen, auch Einfluß auf den Rat zu gewinnen. In.einigen Städten der Prigmtz entstanden hierum ernstliche Auseinandersetzungen. Der Hochmut der wenigem patrizisehen, damit ratsfähigen Familien gab hierzu meist den Anlaß. Zuerst waren die Bürger froh, daß sich Familien in der Stadt fanden, die dem Landesherrn die verschiedenen Gerechtigkeiten zugunsten der Stadt abkauften; doch brachten dann die Einnahmen diesen Familien wieder so viel Vorteile und damit Macht, daß sie sich sogar an­maßten, den Gewerken ihre Innungsstatute vorzuschreiben. Um diesem Übermut entgegenzutreten, ließen sich die Gewerke von der Bürgerschaft mit (jeren Vertretung gegenüber dem Rat beauftragen und haben sich tat­sächlich auch in Lenzen sehr bald durchgesetzt. Wahrscheinlich schon im 16. Jahrhundert werden nämlich die Viertelsmänner zu Beratungen hin­zugezogen. Lenzem war zu dieser Zeit in .vier Quartiere' unter den vier Gewerken aufgeteilt. Vor allem verlangten die Vertreter der Zünfte, zu

109