Meister nach Befinden bestraft werden und dem Kunden freistehen, die Arbeit abzuholen und zu einem andern zu tragen, der sich nicht weigern soll, solche Arbeit fertigzustellen. Bei Lieferung schlechter Arbeit ist dieselbe auszubessern oder aber zu bezahlen.
Auch das Monopol der Handwerker wird gebrochen. Der Artikel VII verfügt, „daß' die Schneider-Innung allhier sowohl als andere Arten eingeschlossen seyn und so viel Meister, als sich ehrlich ernähren können, dabey angenommen werden sollen. Es ist aber desto genauer dahin zu sehen, daß keine zum Gewerk gelassen werden, welche nicht vorgeschriebener Maßen sidi darzu tüchtig gemacht, und daß deswegen kein Untüchtiger die Heirath einer Meisterwitwe oder daß es eines Meisters Sohn sey, zu statten komme“. Auch dieses alte Vorrecht wurde aufgehoben.
Der Artikel XXIV legt fest, daß die Lehrlinge nicht ständig zu Laufburschen " der Ehe-Weiber und Gesellen benutzt werden dürfen. Außerdem ist der Meister zu bestrafen, der zuläßt, daß sein Lehrling durch allzu hartes „Traktament“ gezwungen ist, aus der Lehre zu gehen.
Die ewige Geheimniskrämerei, die sich in vielen Berufen bis fast in die jüngste Zeit erhalten hat, wurde schon damals bekämpft: „Der Meister sol seinen Lehr-Knaben gewissenhaft mit allem Fleiß und gründlich unterrichten und da die Schneider unter sich die Gewohnheit eingeführet, daß sie die Jungens so wenig als die Gesellen zusehen lassen, wenn sie Kleider zuschneiden, noch weniger aber ihnen solches lehren, sondern das Zuschneiden den Meistern abgestohlen werden muß, verfügen Wir, daß die Meister den Jungens allerdings weisen sollen, wie jede Art der Kleidung zugeschnitten werden müsse und wie dem Eigenthümer zu besten etwas dabey ersparet werden könne.“
So sehr erfreulich diese Bestimmungen sind, da sie den letzten Versuch darstellen, dem veralteten, traditionsgebundenen Handwerk wieder auf die Beine zu helfen, so enthalten sie in Ziffer XVIII einen Satz, der zum weiteren Verhängnis des Handwerks wird: „Wir verbieten aufs schärfste, daß weder einzelne Meister noch weniger das gantze Gewerk der Schneider sich unter einander verbinde, ihr Arbeits-Lohn auf einen gewissem Preis zu setzen und diejenigen, so darunter arbeiten, für anstößig halten oder aber zu bestrafen, gleich denn solches auch durch das General-Reichs-Patent verbothen ist, und steht ein jeder Meister frey, sein Arbeit so wolfeil er will zu verfertigen oder zu verdingen.“ Darauf setzt ein ungeheurer Konkurrenzkampf ein mit Unterbietung der Preise.
Mit der Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1810 ging das Zunftwesen seinem Ende entgegen. Das Handwerk, das danach völlig am Boden lag, sammelte aber alsbald neue* Kräfte. Bereits im Jahre 1866 schlossen sich in Lenzen die Tischler, Stuhlmacher und Glaser zu einer Innung neu zusammen, wollten aber nichts mehr mit den alten Zünften gemein haben, wie uns ihr Statut vom 24. Februar 1866 zeigt.
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