die mittelalterliche Stadt ein fast ländliches Gewand. In den ungepflaster- ten, stinkigen Gassen, welche durch Jahrhunderte Ursache grassierender Pestnöte waren, schoben sich die strohgedeckten Fachwerke aneinander, die oftmals das Unheil völliger Einäscherung der Prignitzer Städte herauf- beschwörten. Einfachheit und Zweckmäßigkeit regierten im mittelalterlichen Bürgerhaus. Auf hölzernen Klappläden zur Diele hin wurde die Handwerksware verkauft. Da es bis in das 15. Jahrhundert keine Glasscheiben gab, wurden die Fenster mit hölzernen Läden geschlossen. Aber trotz der vielen Mängel, welche dem mittelalterlichen Stadtwesen innewohnten, war das Bürgerkollektiv belebt von dem Feuer vorwärtsdrängenden Wirtschaftsgeistes. Nach der Parole: Dem Bauern das Land, der Stadt das Handwerk, schieden die Lebensbereiche, indem die Stadt das Land von sich ökonomisch abhängig machte.
Eine tiefgründige Veränderung der Landschaft wie aller Lebenszweige wuchs mit der Technik herauf. Diese neue Seite der Geschichte der Prignitz begann mit dem Jahre 1815, mit dem ersten Chausseebau Berlin- Perleberg—Lenzen- Hamburg. Schon fünf Jahre später berührte das erste v Dampfschiff Wittenberge und wies den für die Zukunft bedeutsamen Weg Die Erfindung der Dampfmaschine, ihre Anwendung auf Dampfschiffahrt und Eisenbahn, später die Anwendung der Elektrizität stellten das gesamte Leben auf eine völlig neue Basis. Die alten Raum- und Zeitverhältnisse verloren ihre Gültigkeit. Die Maschinenindustrie schuf neue Verhältnisse in der Warenproduktion. Bis in das Alltagsleben jedes Einzelnen griff die Technik tief hinein. Es bedurfte eines Heeres von Menschen, welche die Maschinen bedienten. So konnte die Mutter der Technik, die Naturwissenschaft, nicht mehr wie im 18. Jahrhundert Forschungsgegenstand weniger Gelehrter sein.
Es war ein Weg ungeahnter Entwicklungsmöglichkeiten. Das Land wurde erschlossen durch feste Straßen:
1840 Chausseebau Perleberg—Wittenberge 1858 Chausseebau Perleberg—Putlitz 1900 Allgemeiner Chausseebau
Dabei wurde beim Steinebrechen am 15. September 1899 das Kömgsgrab Seddin entdeckt.
Das Land wurde erschlossen durch die Bahn:
1846 Berlin-Hamburg über Wittenberge 1879 Wittenberge—Perleberg 1894 Putlitz—Pritzwalk 1911 Kreisringbahn *
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