HANS KOCH
Vom Stterkampf In der Prlgnifz
Wenn im Wonnemonat Mai die Sonne lacht und die Wiesen grün werden, dann beginnt man, das Vieh in die Koppel zu treiben. Um diesen Weideauftrieb haben sich in den einzelnen Teilen Deutschlands eigene Bräuche entwickelt; denken wir nur an den Almauftrieb der Bergbauern, der ein wahres Volksfest ist.
Auch in unserer Heimat gab es einen eigenartigen Brauch, und zwar lesen wir davon in der Dorfchronik des kleinen Prignitzdorfes Kuhblank. Die Gemeinde hielt sich vor etwa 70 Jahren eine recht zahlreiche Kuhherde, zu der auch zwei Zuchtstiere gehörten. War nun der Tag des Weideauftriebes gekommen, so ertönte am Morgen das Horn des Kuhhirten. Es rief nicht nur die beiden Zuchtstiere auf den Dorfplatz, sondern auch die ganze Einwohnerschaft. Kaum hatte man die beiden Stiere freigegeben, da gingen sie auch schon brüllend und schnaubend aufeinander los, das bewehrte Haupt gesenkt, die Augen wild rollend. Horn stieß klingend gegen Horn. Zornig schoben sich die Kämpfer hin und her, angefeuert durch das Brüllen der Kühe, die auf den Höfen warteten. Endlich war der Kampf entschieden: Einer der beiden Stiere räumte fluchtartig das Feld. Jetzt erst wurden die Hoftore geöffnet, und die Kuhherde wurde auf die Weide getrieben.
Dieser Stierkampf diente nicht nur der Belustigung der Dorfbewohner, er hatte vielmehr den nützlicheren Zweck: die Herrschaft des einen Stieres über die Herde für den ganzen Sommer zu begründen. Der besiegte Stier erkannte stets die Herrschaft des Siegers an, und somit war die natürliche Zuchtauslese und die Fortpflanzung des Kräftigsten gesichert.
Durch die Separation der Feldmark, die Aufteilung der Allmende und die Errichtung von Koppelzäunen sind nicht nur die Gemeinschaftsherden verschwunden, es verschwand auch der eine der beiden Stiere und mit ihm der Stierkampf in Kuhblank.
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