l.BILD
Im Hause des Kaufmanns Kersten im Oktober 1806 Christiane Kersten legt Blumen auf einen festlich gedeckten Tisch
Christiane: Frau Brandt:
Christiane:
Frau Brandt:
Christiane: Frau Brandt:
Christiane:
Frau Brandt: Christiane:
Frau Brandt:
Christiane: Frau Brandt:
Christiane:
Frau Brandt:
(fröhlich und eilig) Mama! . . . Mamachen!
(kommt eilig herein) Was gibt’s denn, Kind? Sie kommen doch nicht etwa schon?
Mamachen, kommen Sie doch her, bitte, kommen Sie doch schnell her und sehen Sie die Tafel an. Sagen Sie doch, daß ich’s schön gemacht habe.
Muß denn Mutter zu allem Ja und Amen sagen, wo’s doch jetzo so pressieret?
Liebste Mutter, sagen Sie doch, wie’s Ihnen gefällt.
Schön hast du’s gemacht, mein Kind, gewißlich sehr schön. Und die Tischkärtchen hast du auch schon aufgelegt? Wie hast du sie denn gesetzet, deine lieben Gäste?
Was denn, dich hast du ganz ans Ende der Tafel plazieret mit deinem Karl Friedrich?
Karl Friedrich am Morgen, Karl Friedrich am Mittag, Karl Friedrich am Abend und Karl Friedrich in der . . .
(hält ihr den Mund zu) Ich habe ihn doch nun einmal so lieb, (umarmt die Mutter) Liebste Mutter, ich bin ja so unsagbar glücklich . . .
(liebevoll) Pst, pst, darüber spricht man nicht.
Ich muß es aber sagen, Ihnen muß ich es- sagen, Mutter. Manchmal meine ich, ein solches Glück könne man nicht
lange ertragen, oder es könnte nicht von Bestand sein-
unser großes Glück.
Du Liebes, sorge nur, daß du es mit Würde trägst, das große Glück und bitte den lieben Gott, daß er es dir erhält. Es wird sich auch das Leid noch einstellen.
Ich habe Furcht, daß uns der böse Krieg das Glück zerstören könnte.
I, was kümmert dich der Krieg? Dein Karl Friedrich ist kein Soldat. Ein Kaufmann führet seinen Handel und der Bonaparte seinen Krieg. Es treibe eben jeder sein Geschäft. -Und wir dummen Frauenzimmer tratschen
hier, und in kurzem kommen die lieben Paten mit dem Lütten aus der Kirche! (Sie will zurück in die Küche, Christiane blickt auf die Straße und ruft sie zurück)
Mamachen, sie kommen schon! Kommen Sie, kommen Sie schnell! (Frau Brandt kommt zurück)
Ach, Mama, wie freue ich mich! Das Glück, das große, große Glück! Lieber Gott, ich danke dir, daß du mich das erleben lässest . . . (sie sinkt der Mutter an die Brust, beide blicken auf die Straße)
Wie behutsam Carolinchen den Lütten trägt . . .
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